Folgenreicher Wahlsieg für die Tea Party

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Niederlage des Fraktionsführers Eric Cantor macht Einwanderungsreform bis mindestens 2016 unmöglich.

Washington. So etwas hat Amerika noch nicht gesehen: Erstmals in der Geschichte der USA ist ein Fraktionsführer im Kongress in den parteiinternen Vorwahlen gescheitert. Der seit dem Jahr 2000 amtierende Eric Cantor verlor am Montag gegen David Brat, den Kandidaten der rechtspopulistischen Tea Party, den Wettstreit um die republikanische Kandidatur für die Kongresswahl im November.

„Dollars wählen nicht. Sie wählen“, jubelte der 49-jährige Brat, ein Wirtschaftsprofessor am Macon-Randolph College, einer Hochschule nördlich der Hauptstadt Richmond. „Gott hat durch die Menschen zu meinen Gunsten gehandelt. Es ist ein unglaubliches Wunder.“

7,1 Prozent reichen zum Sieg

Tatsächlich aber hat Brats Wahlsieg weder etwas mit höheren Mächten zu tun, noch ist er ein Anzeichen dafür, dass Geld in der US-Politik keine Rolle mehr spielt. Brat erhielt 36.110 Stimmen, Cantor 28.898. Für die Vorwahl beider Parteien waren im betroffenen siebten Wahlbezirk zur Frist im Februar 505.049 Wähler angemeldet. Somit brauchte Brat bei einer Wahlbeteiligung von 12,9 Prozent nur 7,1 Prozent aller möglichen Stimmen für den Sieg.

Diese niedrige Wahlbeteiligung erklärt auch, wieso der an der Wall Street wohlgelittene und finanziell bestens ausgestattete Cantor verlor, obwohl er 5,7 Millionen Dollar (4,2 Millionen Euro) an Wahlbudget und Brat nur 231.000 Dollar gesammelt hat. An Vorwahlen nehmen sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern nur die motiviertesten Parteiaktivisten teil. Sie erreicht man auch ohne teure Fernsehwerbung.

Boehners Stuhl wackelt

Brat dürfte sich im November gegen den demokratischen Kandidaten Jack Trammell (der ebenfalls am Randolph Macon College unterrichtet) durchsetzen. Das hat landesweite Folgen: Die Reform der Einwanderungspolitik (in den USA leben und arbeiten rund elf Millionen illegale Einwanderer), die Cantor zumindest teilweise unterstützt hat, ist nun bis zu den nächsten Kongresswahlen im Jahr 2016 unmöglich. Und auch der Stuhl von John Boehner, dem von der Tea Party seit Längerem attackierten republikanischen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, wackelt. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2014)

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