Festplattenabgabe: Der Streit geht weiter

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Festplattenabgabe (c) APA
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Nicht nur in Österreich sorgt die Festplattenabgabe für Debatten. Auch der EuGH ist wieder damit befasst. Und deutsche Gerichte ebenso – trotz größerer Akzeptanz im Nachbarland.

Wien. Beim Thema Festplattenabgabe gingen zuletzt wieder die Wogen hoch. Der Anlass: ein Gutachten des Verfassungsdienstes, wonach Alternativen zur Abgabe auf Speichermedien nicht sinnvoll seien. Prompte Replik der „Plattform für ein modernes Urheberrecht“, die die Abgabe ablehnt und zuletzt gemeinsam mit der Wirtschaftskammer eine SMS-Protestkampagne dagegen initiiert hat: Der Verfassungsdienst habe die falschen Modelle geprüft. Ganz überraschend kam das Ergebnis des Gutachtens nicht: In Auftrag gegeben hatte es Kulturminister Josef Ostermayer, der sich für die Abgabe ausspricht und einen Gesetzesentwurf noch vor dem Sommer ankündigte.

Indes befasst sich auch der EuGH gerade wieder mit der Vergütung für Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke. Am 17.Juni wird der Schlussantrag des Generalanwaltes im Rechtsstreit der dänischen Verwertungsgesellschaft Copydan gegen Nokia erwartet (C-463/12). Im Wesentlichen geht es darum, für welche Arten von Privatkopien überhaupt eine Festplattenabgabe vorgesehen werden darf (mehr dazu siehe Artikel links). Davon hängt ab, in welchem Ausmaß es auf privaten Speichermedien tatsächlich Kopien gibt, die nach EU-Recht vergütungspflichtig sind. Das wäre auch für Österreich richtungsweisend. Bislang fehlt der Judikatur hier eine klare Linie.

Judikatur bisher uneinheitlich

Nach Ansicht der Verwertungsgesellschaften besteht die Vergütungspflicht schon längst, obwohl die Festplattenabgabe noch gar nicht im Gesetz steht: Die alte „Leerkassettenvergütung“ gelte nämlich auch für moderne Speichermedien. Die frühere OGH-Judikatur lehnte das noch rundweg ab, in letzter Zeit näherte sich das Höchstgericht hier aber dem Standpunkt der Verwertungsgesellschaften an: Die Nutzergewohnheiten hätten sich geändert, PCs und Handys würden heute stärker auch dafür verwendet, urheberrechtlich geschützte Werke zu speichern. Und wenn dadurch den Rechteinhabern ein nicht bloß geringfügiger Nachteil entstehe, gebühre ihnen dafür eine Vergütung, so der neue Tenor.

Durch eine kürzlich ergangene EuGH-Entscheidung schien sich das Blatt aber wieder zu wenden: Der EuGH sprach aus, dass eine Festplattenabgabe nur für legale Privatkopien zusteht. Denn die „braven“ Nutzer, die sich an die Regeln halten, dürfen nicht auch für den Schaden, den andere durch Raubkopien verursachen, zur Kasse gebeten werden.

Damit sei die Abgabe obsolet, meinen ihre Gegner nun. Auch einige Rechtsexperten sehen das so – denn es gebe kaum erlaubte Kopien auf privaten Speichermedien, die durch die Abgabe abzugelten seien. Legale Downloads müsse man ohnehin meist bezahlen und kaufe dabei auch das Recht zur (privaten) Vervielfältigung mit.

Die heimischen Verwertungsgesellschaften sehen das klarerweise anders und deuten das Urteil als Bestätigung ihres Standpunkts. Sie verweisen dazu einerseits auf ältere EuGH-Judikatur (die besagt, dass die Mitgliedstaaten Privatkopien erlauben dürfen, den Urhebern dafür aber ein „gerechter Ausgleich“ zusteht) und andererseits auf Länder, in denen es eine solche Vergütung längst gibt. Etwa auf Deutschland, wo seit Jahrzehnten ein Abgeltungssystem besteht. Es bewähre sich und werde nicht grundsätzlich infrage gestellt, sagt Jürgen Becker, Gesellschaftervertreter bei der „Zentralstelle für private Überspielungsrechte“ (ZPÜ) in München. Gestritten wird im Nachbarland aber auch, aktuell mit den Herstellern von Smartphones und Handys: Sie fühlen sich von der Urheberrechtsabgabe schlicht nicht betroffen. „Das geht zu Gericht“, sagt Becker.

Für mehr Streitigkeiten könnte auch eine Änderung der Rechtslage sorgen: Früher war die Vergütung im Gesetz festgelegt, jetzt ist nur mehr ein Anspruch auf „angemessene“ Vergütung festgeschrieben.

Was ist „angemessen“?

Den Tarif konkret aushandeln sollen die Verbände der Importeure und Hersteller mit den Verwertungsgesellschaften. Zum Beispiel im Bereich Unterhaltungselektronik einigte man sich nicht, hier läuft bereits ein Verfahren. Letztlich werde wohl der Bundesgerichtshof entscheiden, sagt Becker. „Dann werden wir auch wissen, wie die angemessene Vergütung zu berechnen ist.“ Im PC-Bereich habe man dagegen eine Einigung erzielt: Für den Zeitraum bis 2016 sei ein Gesamtvertrag geschlossen worden, der auch danach weiterläuft, wenn er nicht gekündigt wird. Wer diesem Gesamtvertrag angehört, zahlt pro privat verkauftem PC eine Gerätevergütung von 10,55 Euro.

AUF EINEN BLICK

Vorgeschichte. Der Streit um die Festplattenabgabe schwelt seit Jahren. Für die Abgabe treten vor allem die Inhaber von Urheber- und Lizenzrechten sowie die Verwertungsgesellschaften ein. Kulturminister Josef Ostermayer spricht sich ebenfalls für eine solche Vergütung für Privatkopien aus. Zu den Gegnern zählen in seltener Einigkeit Wirtschaftsvertreter (speziell aus Elektronikbranche und -handel) und Arbeiterkammer. Sie warnen vor Preisaufschlägen bei Handys und PCs und sehen sogar Arbeitsplätze bedroht. Unter anderem wurde eine SMS-Protestkampagne gestartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2014)

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