Der 46-jährige Felipe muss die Glaubwürdigkeit der Krone wiederherstellen.
Madrid. „Du musst dir den Thron Tag für Tag aufs Neue verdienen“, gab Vater Juan Carlos seinem Sohn, dem spanischen Thronfolger Felipe, mit auf den Weg. „Wenn das Volk gegen dich ist, kannst du einpacken.“
Juan Carlos bekam zu spüren, was es heißt, die Bürger nicht mehr hinter sich zu haben: Der 76-Jährige war durch eine Serie von Skandalen in Ungnade gefallen und musste wegen des wachsenden Drucks früher als geplant seine Abdankung verkünden.
Am Donnerstag rückt Felipe auf den Thron. Seine größte Herausforderung wird sein, die verlorene Glaubwürdigkeit der Krone zurückzugewinnen. Der 46-Jährige kündigte bereits bescheiden an, dass er „den Spaniern dienen“ wolle. Wobei Spaniens königlicher Staatschef keine politischen, sondern nur repräsentative Funktionen hat. Er soll ein offenes Ohr für die Bürger haben, den Dialog fördern, Türen öffnen, also mehr Vermittler als Politiker sein. „Wir sind eine Art öffentlicher Dienst, der zu jeder Stunde dem Land zur Verfügung stehen muss“, definiert Felipe seinen Job.
Auftrag: „Weniger höfisch“ sein
Bei diesem Dienst für die Nation wird seine bürgerliche Frau, die künftige Königin Letizia, eine wichtige Rolle spielen. Vor allem dem Einfluss der früheren TV-Journalistin wird zugeschrieben, dass Felipe mehr über das echte Leben außerhalb des Palastes weiß, als dies bei Juan Carlos der Fall war. „Wir müssen weniger höfisch und mehr städtisch sein“, soll Letizia im Kreis ihrer Vertrauten gesagt haben. Die 41-Jährige, die sich zunehmend aus dem Schatten Felipes löst, ist entschlossen, ihren Teil zur königlichen Mission beizutragen. „Die Könige sind ein Team“, hörte man aus Letizias Mund.
„Er wird der am besten vorbereitete König Spaniens sein“, lobte Juan Carlos seinen Königsnachwuchs. Felipe hat sein Leben lang nichts anderes gemacht, als sich auf die Thronübernahme vorzubereiten. Er durchlief eine Eliteausbildung: zuerst beim Militär, dann an internationalen Hochschulen, wo er Recht und Politik studierte. Schließlich schaute er seinem Vater als königlicher Lehrling über die Schulter. Und er repräsentierte zuletzt immer öfter als Vize-Staatschef die Nation, weil der kränkelnde Juan Carlos nicht mehr durchweg dienstfähig war.
Ob ihm diese in die Wiege gelegte erstklassige Erziehung hilft, um die kommenden Klippen zu umschiffen, wird sich zeigen. Denn neben der wankenden Monarchie, die zunehmend das Volk gegen sich hat, muss er auch noch sein Königreich vor dem Zerfall bewahren: Das nordspanische Katalonien sowie das Baskenland drängen immer heftiger auf Unabhängigkeit. Und bisher hat niemand ein Rezept gefunden, um diese abdriftenden Regionen in ihrem Unabhängigkeitsstreben zu stoppen.
Fahrt durch Madrids Straßen
Zudem lassen Spaniens tiefe Wirtschaftskrise und das harte Spardiktat des konservativen Regierungschefs, Mariano Rajoy, soziale Spannungen wachsen. Dies entlädt sich in Massendemonstrationen und Straßenschlachten. Auch am Tag von Felipes Krönung, die von einem Polizistenheer abgesichert wird, sind Proteste angesagt – gegen die Monarchie. Bei der geplanten Fahrt im offenen Rolls-Royce durch Madrids Straßen werden Felipe und Letizia so gleich einen authentischen Eindruck vom Zustand ihres Reiches mitnehmen – es erwarten sie nicht nur Beifall und Jubel, sondern auch Buhrufe und Pfiffe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2014)