Regierung ist besorgt: „Er ist ein Krawallmacher“

Turkey´s Prime Minister Tayyip Erdogan addresses members of parliament from his ruling AK Party during a meeting at the Turkish parliament in Ankara
Turkey´s Prime Minister Tayyip Erdogan addresses members of parliament from his ruling AK Party during a meeting at the Turkish parliament in Ankara(c) REUTERS (UMIT BEKTAS)
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Minister Rupprechter findet scharfe Worte für den türkischen Premier. Der Besuch sei aber keine Gefahr für die Integrationsbemühungen, hieß es im Ministerrat. Hacker haben die Seite von Außenminister Kurz „umgestaltet“.

Wien. „Er bringt den Wahlkampf nach Österreich, er ist ein Krawallmacher.“ Landwirtschafts- und Umweltminister Andrä Rupprechter schloss sich zwar am Dienstag am Rande des Ministerrats den Appellen an den türkischen Ministerpräsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, zur Besonnenheit bei seinem Auftritt in Wien an, konnte sich dabei aber selbst einen Seitenhieb auf den Premier nicht verkneifen. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), die die beiden Regierungschefs, Werner Faymann und Michael Spindelegger, dieses Mal nach dem Ministerrat vertraten, waren bemüht, die Bedeutung des Wien-Abstechers von Erdoğan nicht zusätzlich hervorzuheben. Die Bestrebungen der Bundesregierung um die Integration zugewanderter Türken in Österreich sehen sie durch den Auftritt jedenfalls nicht gefährdet.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der am Dienstag in Albanien zu Besuch war, hatte bereits zuvor via Medien an Erdoğan appelliert, sich als Gast in Österreich einer sensiblen Wortwahl zu bedienen. Aus der Türkei kamen teils heftige Reaktionen auf die Aussagen des Außenministers. So ließ der türkische Vizepremier, Emrullah Işler, über Medien ausrichten, dass der Ministerpräsident selbst entscheide, wo er auftreten und was er sagen wolle. In dieselbe Kerbe schlug auch eine als „Akinci“ bezeichnete Hackergruppe, die die Webseite des Ministers „umgestaltet“ hat: Zu sehen waren ein Porträt des Sultans Süleyman I. sowie das Konterfei des Premiers. „Wer bist du denn Kleiner“ stand zudem als Botschaft an Kurz auf der Homepage zu lesen – auf Deutsch, Türkisch und Englisch. Der Premier sei Nachkomme jener „Ahnen“, die bis nach Wien vorgedrungen seien.

 

„Ich bin ein Freund der Türkei“

Schützenhilfe erhielt Kurz von Parteikollegin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die zwar in das gleiche Horn wie Kurz stieß, aber diesbezüglich auch massive Zweifel äußerte: „Wer Erdoğan kennt, weiß, dass das nicht ganz von der Hand zu weisen ist“, sagte sie unter Hinweis auf seinen Auftritt vor Kurzem in Deutschland. Die Polizei werde alles tun, um die Sicherheit rund um die Veranstaltung in Wien-Kagran zu gewährleisten.

Mitterlehner („Ich bin ein Freund der Türkei“) und Hundstorfer verwiesen darauf, dass in Österreich eben Versammlungs- und Redefreiheit gelten. Eine einzelne Veranstaltung könne keine Gefahr für die Integration darstellen. Der SPÖ-Sozialminister warnte zugleich – offenkundig an die Adresse der FPÖ gerichtet – davor, „politische Mitbewerber“ würden versuchen, den Auftritt zu benützen, um die Integrationsanstrengungen bei Türken in Österreich zu unterlaufen. Daher werde diese Visite auch „hochgespielt“. Je emotionsloser man mit dem Erdoğan-Abstecher umgehe, desto besser.

Unterdessen meldete sich die grüne Klubobfrau, Eva Glawischnig, mittels Parteiaussendung zu Wort: Sie sehe dem Auftritt Erdoğans mit Sorge entgegen. Denn der türkische Premier könnte den türkischstämmigen Bürgern in Österreich einen Bärendienst erweisen. Er sei bisher „nicht als Mann der Versöhnung aufgefallen“, sondern als jemand, der mit seinen Reden „einen Keil in die Gesellschaft treibt und sie spaltet“. Ein „mit Pomp inszenierter Wahlkampfauftritt“ sei nicht begrüßenswert. (ett/duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2014)


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