Büromarkt: Neue Flächen, neue Trends

Von aktuellen Projekten, Übersiedlungen und der Notwendigkeit, flexibel zu sein: Entwicklungen, die den Wiener Büromarkt prägen, manche kurzzeitig, manche längerfristig.

Michael Hierner/Rüdiger Lainer + Partner
Immovate

Das gab’s schon lange nicht mehr: Erstmals seit vielen Jahren kommt es derzeit zu einem Engpass an neu errichteten Büroflächen auf dem Wiener Immobilienmarkt. Die Nachfrage ist relativ konstant und übersteigt mit jährlich rund 150.000 Quadratmetern an benötigten Erstbezugsflächen das Volumen der neuen Objekte bei Weitem. Und die Lage wird sich auch nicht ändern. Michael Zöchling, Geschäftsführer der BAR bareal Immobilientreuhand, schätzt, „dass in den nächsten beiden Jahren jeweils weniger als 50.000 Quadratmeter neue Büroflächen dazukommen werden“.

Umzug mit Optimierung.
Wovon es eher Nachschub gibt: renovierte Flächen, denn Expansion ist nicht angesagt, sondern Umzug mit Optimierung. „Was die Marktmechanismen betrifft, so sehen wir weiterhin einen Verdrängungswettbewerb. Beziehungsweise einen Flächentauschmarkt – ohne echte Neuflächennachfrage“, so Stefan Brezovich, Vorstand der ÖRAG: „Es finden großteils Übersiedlungen statt –  wenn eine neue Fläche angemietet wird, macht der Mieter am alten Standort eine Fläche frei.“
Diese können sich aber ganz gewaltig voneinander unterscheiden, und ein typisches Beispiel für diesen Unterschied nennt Andreas Polak-Evans, Geschäftsführender Gesellschafter bei Dr. Max Huber. Er hat für Philips Austria das Bürogebäude des Konzerns verkauft: 11.000 Quadratmeter und zwölf Geschoße hat das Unternehmen im alten Büro am Wienerberg an Fläche benötigt, jetzt sind es im Euro Plaza lediglich 5000 Quadratmeter auf zwei Ebenen.

Wer keine renovierten Flächen sucht, sondern welche im Neubau, tut sich in der aktuellen Situation relativ schwer, und daher werden auch wieder Flächen in Projekten gesucht, die sich in Bau oder sogar erst in Planung befinden.

Umdenken setzt ein. Zwar wird eine Anmietung eines Projekts vor Baustart von potenziellen Nutzern noch skeptisch gesehen, doch „in Anbetracht der äußerst geringen Neuflächenproduktion erkennen wir jedoch bereits ein gewisses Umdenken“, sagt Martin Weinbrenner, Bereichsleiter Gewerbeimmobilien bei der Otto-Immobilien- Gruppe: „Viele Großmieter nehmen mittlerweile aus Mangel an Alternativen auch Projekte in die engere Auswahl.“ Das könnte einige Pläne, die derzeit in der Schublade liegen, wieder ans Tageslicht bringen.

Faktor Betriebskosten. Was speziell für neue Flächen spricht: Sie sind nachhaltig. Das ist gefragt und erwünscht, jedoch nur, wenn es auch wirtschaftliche Vorteile bringt – und diese liegen in den Betriebskosten. Sie werden mittlerweile sehr genau betrachtet und sollten, so Polak-Evans, „nicht über 3,5 Euro pro Quadratmeter liegen“. Betriebskosten werden ohnehin, so sind die Experten überzeugt, in den kommenden Jahren eine noch wichtigere Rolle bei der Anmietung neuer Flächen spielen.

Sucht eine Firma Flächen im Neubau, handelt es sich dabei generell um Unternehmen, die viel Platz brauchen – Ausnahmefälle auf dem derzeitigen Markt: „Die quantitativ am stärksten nachgefragten Einheiten liegen nämlich nach wie vor zwischen 250 und 1000 Quadratmetern“, sagt Brezovich und nennt Details: „Flächen bis etwa 500 Quadratmetern mit Preisen zwischen 13 und 17 Euro pro Quadratmeter lassen sich gut vermieten. Im Topbereich von 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter erwarten die Mieter hochwertigst ausgebaute und perfekt ausgestattete Flächen.“

Flexibel aus Notwendigkeit. „Großer Wert wird vor allem auf Gebäudeflexibilität gelegt, um neue, alternative Arbeitskonzepte umzusetzen und diese auch künftig ändern zu können“, ergänzt Weinbrenner. Das heißt zum Beispiel, dass sich die Grundrissgestaltung möglichst einfach, rasch und kostengünstig adaptieren lassen muss. Oder dass man rasch und unkompliziert auf Kapazitätsschwankungen durch Erweiterung oder Reduktion der angemieteten Fläche reagieren kann. Bei zahlreichen Firmen hat der Trend zu Open Spaces und derartigen Lösungen aber weniger mit der Unternehmenskultur zu tun als mit der Notwendigkeit, flexibel zu sein. Immer rascher wechselnde äußere Einflussfaktoren wie Konjunkturschwankungen bei generell niedrigem Wachstum, herausforderndes Konkurrenzumfeld, kurze Produktlebens-zylen oder starke Spezialisierung können unmittelbar auf die Firmenstruktur durchschlagen.

Das wird sich künftig auch auf die Mietdauer auswirken, meint Weinbrenner: „Firmen sehen sich zusehends außerstande, eine fixe Immobilienentscheidung für zehn Jahre oder darüber hinaus zu treffen.“

Ein weiterer interessanter Aspekt, der sich derzeit beobachten lässt: „Firmen ab einer gewissen Größenordnung kommen mit Beratern“, wie Martin Müller, Geschäftsführender Gesellschafter der J+P Immobilienmakler GmbH, bemerkt: „Natürlich haben große Unternehmen immer schon ihre eigenen Abteilungen gehabt, aber jetzt kommen auch mittelgroße Firmen mit guten Beratern und sind auf einen Standortwechsel viel besser vorbereitet.“

Da diese Berater oftmals auch aus der Maklerbranche kommen, tun sich damit für die Vermittler neue Wege auf. Die Aufgabe des Immobilienmaklers besteht nicht länger nur in der Zusammenführung von Vermieter und Mieter, sondern vielmehr in einer umfassenden Beratung, die interdisziplinär ist und neben immobilienwirtschaftlichen auch rechtliche und oft technische Aspekte umfasst.

Alte und neue Standorte.
Zwei Entwicklungen, die derzeit parallel laufen, zielen in unterschiedliche Richtungen. Zum einen ist, „dem internationalen Trend folgend, auch in Wien eine starke Tendenz hin zu Büro-Clustern wie der Donaucity, dem Hauptbahnhof oder dem Viertel Zwei zu erkennen“, sagt Zöchling und meint mit Blick auf die Zukunft: „Diese neuen,  gut strukturierten Standorte werden sich weiter durchsetzen.“

Zum anderen aber beginnen viele Unternehmen, sich ihren Bürostandort selbst zu schaffen. Start-ups oder Unternehmen aus dem kreativen Umfeld suchen anderswo, wie Müller feststellt: „Vor wenigen Jahren hat es in der Gumpendorferstraße beispielsweise eine Vielzahl von ,toten‘ Geschäftslokalen gegeben. Diese werden jetzt wieder von so manchem kreativen Unternehmen entdeckt.“ Die Flächen sind günstig zu haben, bieten darüber hinaus den Vorteil, Auslagen zu besitzen – und die Verträge sind oft unbefristet. „Um den Preis bekommst du in Wien kein vernünftiges Büro“, so Müller. Und über die Interessenten sagt er: „Das sind Menschen mit alternativen Denkansätzen und die beleben die ganze Gegend.“

In Kürze fertig

Mit dem Silo Bürohaus (www.silo-offices.at) kommt eines der interessantesten Projekte bis Oktober 2014 auf den Markt. Bis zu 70 Prozent des Energiebedarfs werden durch erneuerbare Ressourcen gedeckt, den Mietern wird die Höhe der Betriebskosten für die nächsten zehn Jahre garantiert.
Bis Sommer 2014 ist die Fertigstellung der Bauphase 5 des Euro Plaza (www.europlaza.at) vorgesehen, mit rund 34.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche. Nach einer erfolgreichen Vermietung dieser Bauphase sind einerseits das Euro-Plaza-Gebäude 6–7 mit etwa 21.000 m² geplant sowie von der S+B-Gruppe die Erweiterung des angrenzenden Inno-Centers mit einer Ausbaustufe über rund 15.000 Quadratmeter.
In den Bürohäusern am Schottenring 19 (www.schottenring19.at) sowie Fleischmarkt 19 (www.immovate.org) sind insgesamt weitere 16.000 Quadratmeter, in bester innerstädtischer Lage, für den Markt bestimmt.
Das Gate 2 (www.bai.at) soll bis Ende 2014 fertig gebaut sein, die Flächen sind aber bereits allesamt vergeben. Auch die Arbeiten am ÖBB Tower mit 31.000 Quadratmeter könnten dieses Jahr abgeschlossen werden. Flächen kommen aber damit keine neuen auf den Markt, da diese ebenso wie beim Erste Campus am neuen Hauptbahnhof (122.000 Quadratmeter), der im nächsten Jahr folgen sollte, bereits vorverwertet bzw. eigengenutzt sind.

Büros: Zahlen, Daten, Fakten

Die Preise. 25,25 Euro pro Quadratmeter und Monat: So viel bezahlt man derzeit an Spitzenmiete für Wiener Büros, bei denen von der Lage bis zur Ausstattung alles passt, heißt es bei CBRE. In diesem Segment ist ein geringfügiger Anstieg der Preise zu beobachten, in guten Lagen blieb die Miete im Vergleich zum Vorjahr stabil und liegt im Schnitt bei 14,50 Euro. In durchschnittlichen Lagen gab es eine leichte Steigerung auf 12,75 Euro pro Quadratmeter und Monat.

Das Angebot. Der Nachschub an neuen Flächen wird 2014, so die Prognosen, gering bleiben. Zwischen 95.000 und 120.000 Quadrameter werden heuer auf den Markt kommen, viele davon sind bereits vorvermietet.
2015 soll ähnlich verlaufen, für die Jahre 2016 und 2017 rechnen Marktexperten mit leichter Entspannung, weil dann einige neue Projekte (siehe auch Seite 14) fertiggestellt sein sollen. In der Zwischenzeit profitieren, so CBRE, speziell Eigentümer topsanierter Zweitbezugsflächen von der Marktsituation, weil diese von umzugsbereiten Mietern nachgefragt werden.

Die Nachfrage. Mit einem leichten Anstieg – auf 280.000 Quadratmeter für 2014 insgesamt – rechnet man hier bei EHL Immobilien, das wäre ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Leerstandsrate liegt bei 6,6 Prozent, sie wird auch in den kommenden Monaten stabil bleiben.

Die Branchen. Für Schwung auf dem Wiener Büromarkt sorgen, wie schon zuletzt auch, der Dienstleistungsbereich, der öffentliche Sektor, das Computer/Hightech-Segment und der Finanzsektor.

Die Lagen. Weil rund um den neuen Wiener Hauptbahnhof so einige Großprojekte entwickelt werden, hat CBRE dieses Gebiet in dem Büromarktbericht aufgenommen. Weitere wichtige Lagen bleiben unter anderem die inneren Bezirke (CBD), Donau-City-Lasallestraße, Prater, Erdberg/St. Marx, Wienerberg.

In den Bundesländern. Laut dem aktuellen Immobilienpreisspiegel ist es besonders in Vorarlberg mit den durchschnittlichen Mieten für Büroflächen aufwärts gegangen. 8,09 Euro pro Quadratmeter bezahlt man jetzt im Ländle, damit liegt das Bundesland gleich hinter Wien (im Schnitt 10,01 Euro). In Niederösterreich bezahlt man in der höchsten Kategorie in Tulln, Wien-Umgebung und Wiener Neustadt rund zehn Euro, in St. Pölten knapp über neun.
In Oberösterreich stagnierten die Mietpreise weitgehend, auch in Salzburg sind sie stabil. Der gewerbliche Markt in der Steiermark ist laut Immobilienpreisspielgel auf niedrigem Niveau konstant bis rückläufig.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Immobilien-News

Sitznachbar: Echte Typen

Wenn Visuelle auf Auditive treffen: Worin so mancher Streit im Büro begründet sein mag – und welche planerischen Mittel Abhilfe schaffen können.
Immobilien-News

Arbeitplatz: Zahlen, Daten, Fakten

Was ist gesund am Arbeitplatz, was bringt eine höheres Wohlbefinden und wie engagiert sind heimische Mitarbeiter? Ein Überblick.
Immobilien-News

Bürogestaltung: Denken und reden

Warum Rutschen nicht überall funktionieren: Bei der Gestaltung moderner Büros geht es vor allem um die Balance zwischen Kommunikation und Konzentration.
Immobilien-News

Optimierung: Tuning-Faktor

Von zusätzlichen Attraktionen bis zur kompletten Revitalisierung: Was alles getan wird, um bestehende Büroimmobilien für neue Mieter attraktiv zu machen.
Immobilien-News

Zertifikat: Rittern um Silber, Gold, Platin

Immer mehr Bürogebäue werden zertifiziert. Die Kennzeichnung als Green Building oder Blue Building hat sich zu einem wichtigen Asset auf dem Markt entwickelt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.