Akademikerball: "Unschuldige geraten ins (Polizei)-Visier"

Demonstration Akademikerball Wien
Demonstration Akademikerball WienDie Presse
  • Drucken

Fast 700 Anzeigen wurden nach dem Ball erstattet, der Großteil wegen Landfriedensbruchs. Die Grünen üben Kritik.

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den von der FPÖ veranstalteten Akademikerball am 24. Jänner ist es zu 691 strafrechtlichen Anzeigen gekommen, der Großteil davon (517) erfolgte wegen Landfriedensbruchs. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Justizsprechers Albert Steinhauser hervor. Er übt Kritik an der breiten Anwendung dieses Paragrafen.

"Problematisch wird es, wenn die Polizei beginnt, das Umfeld zu verfolgen und auch Unschuldige ins Visier geraten", sagte Steinhauser. Der § 274 StGB (Landfriedensbruch) sieht grundsätzlich bis zu zwei Jahre Haft vor. Betroffen sind Personen, die "wissentlich" an einer "Zusammenrottung einer Menschenmenge" teilnehmen, die auf die Begehung von Körperverletzungen oder schweren Sachbeschädigungen ausgerichtet ist.

"Strafparagaf reaktiviert"

Wenn man Sachbeschädigung oder körperlicher Gewalt begehe, sei klar, dass man strafrechtlich verfolgt werde, betonte Steinhauser. Hier werde aber "offensichtlich ein Strafparagraf reaktiviert", mit dem auch Unterstellungen gegen jene, die selbst kein Delikt begehen, erfolgten.

Laut der Anfragebeantwortung setzten die Polizeibeamten insgesamt 21 Mal Pfefferspray ein, 18 Mal wurden Einsatzstöcke eingesetzt und neun mal "Körperkraft" angewendet. Derzeit liegen 21 Beschwerden, die sich gegen das Verhalten von Polizeibeamten richten, bei der Landespolizeidirektion Wien. 70 Anzeigen gab es wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot.

Auch das Platzverbot vor der Hofburg, aufgrund dessen die Kundgebung des Bündnisses "Jetzt Zeichen setzen!" am Heldenplatz untersagt worden war, ist Thema der Anfrage. Begründet wurde dieses mit der "aktuellen Gefahreneinschätzung". "Da wurde eine Kundgebung verboten, die jahrelang friedlich verlaufen ist", kritisierte Steinhauser. Er vermisse eine kritische Evaluierung, was bei dem Einsatz nicht funktioniert habe und was man anders machen könne: "Da gibt es offenbar null Problemeinsicht".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Demos gegen Akademikerball

''Unseren Hass könnt ihr haben''

Arechivbild: Josef S. vergangenen Sommer vor Gericht
Wien

Höchstgericht: Student Josef S. ist schuldig

Der Deutsche wurde nach Randalen bei den Anti-Akademikerball-Demos im Vorjahr verurteilt. Der Schuldspruch ist rechtskräftig, das Strafmaß könnte sich noch ändern.
Wien

Akademikerball-Prozess: „Wollte gegen Strache demonstrieren“

Ein kurdischer Flüchtling wurde wegen Landfriedensbruchs angeklagt. Die Strafe, sechs Monate bedingte Haft, erging aber „nur“ wegen Körperverletzung.
Demos gegen Akademikerball

''Unseren Hass könnt ihr haben''

Der Angeklagte am Montag vor Gericht
Wien

Akademikerball-Prozess: Sechs Monate bedingt

Im zweiten Prozess um die Ausschreitungen bei den Anti-Akademikerball-Demos wurde ein 43-Jähriger wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Vom Landfriedensbruch wurde er freigesprochen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.