FPÖ-Ball: Mehr als 500 Anzeigen wegen Landfriedensbruch

Demonstration Akademikerball Wien
Demonstration Akademikerball WienDie Presse (Clemens Fabry)
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Laut Innenressort gab es in Folge des Akademikerballs 517 Landfriedensbruchanzeigen. Nur: Die Justiz zieht nicht mit.

Wien. Die Bilanz - laut der aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen - klingt dramatisch: Im Zuge der Ausschreitungen bei Demonstrationen gegen den von der FPÖ veranstalteten Akademikerball (Hofburg, 24. Jänner) wurden 517 Personen wegen Landfriedensbruchs und 91 Personen wegen Sachbeschädigung angezeigt. Auch wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung und unter anderem sogar wegen Raubes und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung erfolgten Anzeigen, insgesamt genau 691.

Verstöße gegen Vermummungsverbot

Dies gab ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in ihrer Anfragebeantwortung bekannt. Auch wurde angegeben, dass es wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung und Landfriedensbruches 549 Identitätsfeststellungen gegeben habe. Zudem wurden mehr als hundert verwaltungsrechtliche Anzeigen erstattet - hauptsächlich (nämlich exakt 70) wegen Verstößen gegen das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot.

Aber zurück zu den strafrechtlichen Anzeigen, Schwerpunkt Landfriedensbruch. Dieses antiquiert wirkende Delikt (Strafdrohung: bis zu zwei Jahre Haft) begeht, wer wissentlich an einer Zusammenrottung teilnimmt, die auf die Begehung von Gewalttaten ausgerichtet ist - sofern es im Zug der Menschenansammlung auch tatsächlich zur Begehung der genannten Gewalt kommt. Strafbar macht sich also jede Person, die sich unter diesen Voraussetzungen in einer „Menschenmenge", wie es heißt, befindet. Selbst Gewalt anzuwenden, ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich. Dieser Umstand führte zuletzt zum Ruf nach einer Reform des Tatbestandes. Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser sagte zur Austria Presse Agentur: Es werde mit dem Delikt Landfriedensbruch „ein Strafparagraf reaktiviert", mit dem auch Unterstellungen gegen jene, die selbst kein Delikt begehen, erfolgen. Indes meinte der FPÖ-Bundesrat und AUF-Vorsitzende Werner Herbert: „Nicht die Polizei war hier der Aggressor, sondern ein linker Demo-Pöbel, der völlig außer Rand und Band enorme Sachschäden in Millionenhöhe verursacht und dabei auch Menschen verletzt hat."

Kein Massenprozess

Bemerkenswert: Die Justiz scheint - trotz des Vorliegens von fast 700 Anzeigen - von einem Massenprozess weit entfernt zu sein. Zuletzt stand ein (einziger) deutscher Demonstrant als Mitglied des schwarzen Blocks (harter Kern schwarz vermummter Aktivisten) vor Gericht. Sein Prozess (Anklage: Landfriedensbruch) wurde, wie berichtet, auf 21. Juli vertagt. In der Anklage heißt es, dass hunderte Verdächtige des schwarzen Blocks noch nicht ausgeforscht seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2014)

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