Umstrittene Visite: Schweden geißelt Putin-Besuch

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Russlands Präsident, Wladimir Putin, wird heute in Wien erwartet. Nicht alle EU-Länder sind über diese Einladung erfreut. Zwischen Wien und Moskau wird zudem ein Gaspipeline-Projekt fixiert.

Wien. Gerade einmal sechseinhalb Stunden wird sich der russische Präsident, Wladimir Putin, am heutigen Dienstag in Wien aufhalten: eine Visite in aller Eile und doch umstritten. So kritisierte Schwedens Außenminister, Carl Bildt, dass Österreich Putin eine Bühne gebe. „Man weiß, dass Putin die EU spalten will“, sagte Bildt gestern vor der Sitzung der EU-Außenminister in Luxemburg. „Das versucht er immer, wenn er in die Ecke getrieben wird.“ Es sei wichtig, den Kontakt zu Russland aufrechtzuerhalten. Doch diese Aufgabe sollten EU-Institutionen übernehmen und nicht Einzelstaaten, so Bildt, der als Falke unter Europas Chefdiplomaten gilt.

Österreichs Außenminister, Sebastian Kurz, verteidigte die Einladung an Putin. Österreich weiche nicht von der EU-Position ab. Ein Treffen mit Putin sei „absolut legitim“. Es hätten auch schon andere EU-Staats- und Regierungschefs Gespräche mit Putin geführt. Neben den „notwendigen Sanktionen“ müsse man versuchen, „Gesprächskanäle offen zu halten“, so Kurz. In ihrer Tagung beschlossen die EU-Außenminister übrigens neue Sanktionen: Handelsbeschränkungen für Produkte aus der von Russland annektierten Krim.

Österreichs Diplomaten versuchten, den Eindruck zu erwecken, dass Putins Wien-Trip, abgesehen von Bildts Äußerungen, „keine besonders negative Stimmung“ im Kreis der EU-Außenminister auslöse. Um die Balance zu halten, traf Kurz in Luxemburg demonstrativ den neuen ukrainischen Außenminister, Pawlo Klimkin. Der gab ihm eine Botschaft an Putin mit: Russland solle den Friedensplan von Präsident Poroschenko mittragen und die Unterstützung für die Separatisten einstellen. Österreich müsse klare Worte finden zur Krim und zur Ostukraine, dann sei die Visite sinnvoll. „Wir unterstützen den Friedensplan, und wir werden dies auch gegenüber Putin zur Sprache bringen“, sagte daraufhin Kurz.

Putin wird am Dienstag um 14 Uhr auf dem Flughafen Wien-Schwechat eintreffen. Dann fährt er direkt zu Präsident Heinz Fischer. Drei Regierungsmitglieder werden ihn begleiten: Außenminister Sergej Lawrow, Energieminister Alexander Nowak und Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow. Mit von der Partei sein werden zudem Putins außenpolitischer Berater Jurij Uschwakow, Gazprom-Chef Alexej Miller und Eisenbahn-Chef Wladimir Jakunin. Sie nehmen unmittelbar nach Putins Unterredung mit Fischer an der Tafel in der Hofburg Platz, um an einem gemeinsamen Arbeitsessen teilzunehmen, zu dem auch Außenminister Sebastian Kurz, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Parlamentspräsidentin Barbara Prammer, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl sowie eine Handvoll Manager eingeladen sind.

Moskau wollte längeren Besuch

Wie „Die Presse“ erfuhr, hätten die Russen gern einen pompösen mehrtägigen Staatsbesuch in Wien inszeniert. Doch das ging den Gastgebern dann doch zu weit. Es blieb bei einem Arbeitsbesuch. Um Normalität zu signalisieren, regte Moskau zudem die Unterzeichnung mehrerer bilateraler Verträge an. Feierlich unterschrieben wird in Wien jedoch im Beisein der Präsidenten lediglich ein Katastrophenschutzabkommen.

Als Schlag ins Gesicht werten Teile der EU indes den heutigen Vertragsabschluss über den österreichischen Bauabschnitt der South-Stream-Pipeline. Auch wenn die Unterzeichnung zwischen dem russischen Staatskonzern Gazprom und der OMV außerhalb des offiziellen Programms stattfindet. Die Pipeline, die von der EU-Kommission abgelehnt wird, soll russisches Gas nach Europa liefern, unter Umgehung der Ukraine.

Dienstagabend wird Putin am Stubenring einen Vortrag im Großen Saal der Wirtschaftskammer Wien halten. Letzter Programmpunkt: Kranzniederlegung am Denkmal der Roten Armee auf dem Schwarzenbergplatz um 19 Uhr. Irgendwann zwischendurch soll Putin noch Didier Burkhalter treffen, den derzeitigen Vorsitzenden der in Wien ansässigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Auch der ukrainische Außenminister Klimkin wird übrigens am Dienstag in Wien sein. Dem Vernehmen nach ist kein Treffen mit Lawrow geplant.

Putin-Besuch

Am Dienstag wird der russische Präsident in Wien erwartet.
Er trifft Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Werner Faymann. Außerdem wird er vor Wirtschaftsvertretern einen Vortrag halten und einen Kranz am Ehrenmal der Roten Armee niederlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2014)

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