Mit sofortiger Wirkung hat der VfGH die Speicherung von Verbindungsdaten ohne Anlass aufgehoben. Das Gesetz widerspreche Menschenrechten.
Damit sei die Speicherung der Vorratsdaten aller Bürger "faktisch tot". Das hieß es am Freitag nicht nur von Seiten der Beschwerdeführer, die die geltende Regelung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu Fall brachten. Auch aus Regierungskreisen hieß es gegenüber der "Presse", dass man im Lichte des nunmehrigen Urteils keine Möglichkeit mehr sehe, eine Regelung zu schaffen, mit der verdachtlos die Daten aller Bürger gespeichert werden dürfen.
Der Verfassungsgerichtshof hat am Freitag die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die Gesetze würden sowohl dem Grundrecht auf Datenschutz sowie Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Recht auf Privat- und Familienleben, widersprechen, sagte Präsident Gerhart Holzinger bei der Verkündung der Entscheidung. Dem VfGH-Erkenntnis war ein Urteil des EU-Gerichtshofs vorausgegangen, das die selben Beschwerdeführer erwirkten, die nun wieder vor dem VfGH standen.
Eine Frist zur Reparatur wurde vom VfGH nicht gewährt. Der Bundeskanzler muss nun heute noch die Aufhebung sämtlicher vom VfGH gerügten Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz, in der Strafprozessordnung sowie im Sicherheitspolizeigesetz kundmachen. Ab morgen, Samstag. darf es dann keine Vorratsdatenspeicherung in Österreich mehr geben.
Verfolgung zu breit gestreut
Laut den Verfassungsrichtern handelte es sich bei der bisherigen Regelung um einen "gravierenden Eingriff in die Grundrechte", die nicht mit der Menschenrechtskonvention im Einklang stehen. Zudem sei die Verfolgung durch die Behörden mittels Vorratsdaten zu breit gestreut und würden nicht gezielt der Bekämpfung schwerer Verbrechen dienen.
Mit seiner Entscheidung gab der VfGH zwei privaten Antragstellern Recht, die nun von der Republik Österreich auch die Prozesskosten ersetzt bekommen müssen. Ein Antrag der Kärntner Landesregierung wurde zurückgewiesen, da dieser nicht ausreichend formuliert worden war.
Internetanbieter: "Nur Etappensieg"
Vorratsdaten
Der Verband der Internetanbieter Österreichs, die ISPA, zeigte sich in einer ersten Reaktion erfreut über das Urteil, das man nicht mit völliger Sicherheit erwartet habe. Es handle sich bei dem Urteil aber nur um einen "Etappensieg", heißt es in einer Aussendung. "Das Aus für die Vorratsdatenspeicherung darf nun auf keinen Fall zum Anlass für eine schleichende Ausweitung der Befugnisse der Rechtsdurchsetzungsbehörden genommen werden", meint ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert. Man müsse nun über neue gesetzgeberische Maßnahmen diskutieren. Die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgehobene Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde 2006 mit dem Argument der Terrorismus-Bekämpfung verabschiedet. Sie verpflichtete Unternehmen, Telekommunikationsdaten für mindestens sechs Monate zu speichern und bei Anfrage an die ermittelnden Behörden weiterzugeben. In Österreich sind die Bestimmungen im April 2012 in Kraft getreten.
(APA/Red./aich)