IWF drängt auf Steuersenkungen

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Der Internationale Währungsfonds fordert Steuersenkungen in Österreich - aber auch eine Senkung der Staatsschulden. Der Staat müsse rasch seine Ausgaben in den Griff bekommen.

Wien. Nicht nur Lehrer verteilen dieser Tage Zeugnisse. Pünktlich zum Ferienbeginn in (Ost-)Österreich präsentiert auch der Internationale Währungsfonds sein Zeugnis für Österreich. Es ist eine durchwachsene Bewertung. Österreich stehe weiterhin gut da, aber nur relativ zur ohnehin schwachen wirtschaftlichen Entwicklung anderswo. Der Regierung sei dafür aber nicht zu danken, so der IWF. Eine Schulnote gibt es von den IWF-Experten zwar nicht, dafür eine klare Botschaft: Es ist Zeit für Reformen in Österreich. Vor allem für eine Steuerreform. Der IWF mahnt aber auch Einsparungen bei staatlichen Ausgaben ein.

IWF-Experte Bas Bakker sah bei der Vorstellung des Länderberichts am Dienstag in Wien vor allem Sparpotenzial im Gesundheitssektor. Aber auch bei den Förderungen müsse etwas geschehen, so Bakken: „Die müssen zielsicherer eingesetzt werden.“ Unter dem Strich müsse die Regierung die aktuelle Phase der wirtschaftlichen Erholung besser nutzen, um Steuern und Staatsschulden zu senken, so der IWF. Und beides sei nur zu erreichen, wenn der Staat seine Ausgaben in den Griff bekommt.

Kritik an kalter Progression

„Österreich hat eine hohe Steuerbelastung – vor allem beim Faktor Arbeit. Sie zu senken wird aber nur möglich sein, wenn Ausgaben gekürzt werden“, so der IWF im aktuellen Länderbericht. Im Vergleich mit Deutschland, das über einen ähnlich aufwendigen Sozialstaat verfüge, würde der österreichische Staat deutlich mehr Geld ausgeben. Hier seien „entscheidende“ Einschnitte nötig, so der IWF. Die hohen Steuern auf den Faktor Arbeit sorgen außerdem für weniger Jobs für eher schlecht Ausgebildete Österreicher.

Kritisiert wird vom IWF die kalte Progression im Steuersystem, die dazu führt, dass jemand trotz Gehaltserhöhung real weniger verdient, weil er in eine höhere Steuerklasse aufsteigt. Zudem würden die Verdienstgrenzen nicht an die Inflation angepasst, was Arbeitnehmer doppelt treffe.

„Das hemmt das Wachstum des verfügbaren Realeinkommens“, so der IWF. Anders gesagt: Der Staat nimmt den Menschen so viel ihres Einkommens weg, dass sie sich keine zusätzlichen Ausgaben leisten können, was wiederum das Wirtschaftswachstum hemmt – ein Teufelskreis. Höhe und Struktur der Steuern sind allerdings nicht das einzige Problem bei den Arbeitskosten in Österreich. „Auch die Sozialabgaben sind hoch“, so Bas Bakker.

Keine neuen Steuern

Der IWF schlägt mehrere konkrete Maßnahmen vor, um den Staatshaushalt und die Steuerbelastung wieder auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen. So sollte die Regierung die Staatsausgaben um rund ein Prozent kürzen, um bis 2018 einen strukturellen Überschuss von 0,5 Prozent zu erreichen. Die aktuellen Pläne der Regierung sind aber weniger ambitioniert. Man will das strukturelle Defizit (Defizit bereinigt um Einmaleffekte wie Bankenrettungen etc.) bis 2016 auf 0,5 Prozent bekommen – und dann auf diesem Pfad bleiben.

Aber nur mit mutigen Kürzungen bei den Staatsausgaben, ließe sich das Schuldenniveau von derzeit 75 Prozent des BIP auf ein erträgliches Level von 60 Prozent senken, so der Währungsfonds. Darüber hinaus sollte die Regierung im Idealfall sogar noch mehr sparen, um echte Steuerentlastungen möglich zu machen. „Auch eine Senkung der Sozialabgaben sollte angedacht werden“, heißt es. Dies würde vor allem niedrige Einkommen deutlich entlasten.

Steuersenkungen sollen laut IWF ausdrücklich nicht durch die Einführung neuer Steuern finanziert werden, sondern durch „exakt spezifizierte Ausgabenkürzungen“. Höhere Immobiliensteuern könne man zwar diskutieren, man dürfe sich davon aber nicht zu viel erwarten, so Bakker.

Um die Ausgaben in den Griff zu bekommen, solle der Staat unnötige Förderungen streichen. Das Pensionsantrittsalter für Frauen müsse rascher steigen. Teure Infrastrukturprojekte sollten nochmals auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden und der Gesundheitssektor müsse rascher reformiert werden. Angepeilter Zeitrahmen laut IWF: 2014 bis 2018.

AUF EINEN BLICK

Österreich steht weiterhin gut da, aber nur relativ zur ohnehin schwachen Wirtschaftsentwicklung, so der IWF. Damit man auf ein nachhaltiges Schuldenniveau zurückkehren und die extrem hohe Steuerbelastung endlich senken könne, müsse der Staat Ausgaben kürzen und Reformen durchführen – bevor es zu spät ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2014)

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