Berichte: Österreichischer Server im Visier der NSA

Member of protest group, Code Pink, Cayman Macdonald  protests against U.S. President Obama and NSA before his arrival at the Department of Justice in Washington
Member of protest group, Code Pink, Cayman Macdonald protests against U.S. President Obama and NSA before his arrival at the Department of Justice in Washington(c) Reuters (� Larry Downing / Reuters)
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Ausgerechnet die Nutzer eines Anonymisierungsdienstes sind ins Visier des US-Geheimdienstes geraten.

Der US-Geheimdienst NSA fasst offenbar gezielt Menschen ins Auge, die sich für Anonymität im Internet einsetzen. Dazu gehören Unterstützer des Tor-Netzwerks, das die eigenen Spuren im Netz verschleiert. Konkret wurde der Fall eines deutschen Studenten bekannt. Aber auch ein Rechner aus Österreich soll betroffen sein. Es wäre der erste nachweisbare Fall von NSA-Spionage in Österreich.

Tor (The Onion Router)

Die NSA spähte nach Recherchen der deutschen Sender NDR und WDR einen Studenten aus Erlangen aus, der sich mit Privatsphäre im Internet beschäftigt. Der Mann mit dem Namen Sebastian Hahn betreibe einen Server für das Anonymisierungsnetzwerk Tor, mit dem Nutzer ihre Spuren im Internet verwischen können. Er sei nach Kanzlerin Angela Merkel das zweite namentlich bekannte Opfer der NSA in Deutschland, berichteten die Sender. Netzwerk, das über die Anonymisierungstechnik „Onion-Routing“ anonymen zensurfreien Datenaustausch zulässt.

Einer der Server in Österreich

Alle Nutzer die auf den von Hahn bereitgestellten Server zugreifen, würden von der NSA speziell markiert und ihre Verbindungen gespeichert, berichteten die Sender am Donnerstag. Die NSA filtere damit die Nutzer des Anonymisierungsnetzwerks heraus. Diese landeten in einer speziellen NSA-Datenbank. Täglich griffen hunderttausende Nutzer allein auf Hahns Server zu. Weltweit gibt es nur insgesamt neun solcher "Directory Authority"-Server, die laut Tagesschau.de alle ausspioniert wurden. Einer davon befindet sich laut Bericht auch in Österreich. 

Das Ziel der Spähaktion sei es "potenzielle Tor-Clients zu finden", also mögliche Nutzer des Anonymisierungsdienstes. Das ist in einem Auszug aus dem Programmcode zu lesen, der im ARD-Morgenmagazin gezeigt wurde.

Hahn nannte die Ausspähung "schockierend". "Es ist ein Rieseneingriff in meine Privatsphäre", sagte er dem Sender. Alle Verbindungen von dem Server, den er in Deutschland betreibe, würden von einem ausländischen Geheimdienst mitgeschnitten.

Auch eine weitere IP-Adresse findet sich demnach unter den Ausspähzielen. Sie gehöre dem deutschen Hackerverein Chaos Computer Club. Beide IP-Adressen fänden sich im Code der NSA-Spionagesoftware XKeyscore.

"Pervers und verrückt"

Der Grünen-Obmann im deutschen NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, bezeichnete den Vorgang am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin" als "verheerend". Die einzige Antwort der deutschen Bundesregierung auf die NSA-Affäre laute, die Bürger sollten sich im Internet selbst schützen und ihre Daten verschlüsseln. "Und nun stellen wir fest, dass gerade die, die verschlüsseln und das nutzen, überwacht werden. Das ist pervers und verrückt."

Allerdings gab es schon mehrfach Hinweise darauf, dass die NSA gezielt das Tor-Netzwerk ins Auge fasst. Der Geheimdienst habe versucht, die Software selbst zu knacken, sei damit aber gescheitert, berichtete der britische "Guardian" im vergangenen Herbst. Es sei der NSA nicht gelungen, alle Nutzer von Tor zu identifizieren. Durch die Analyse der Datenströme könnten lediglich "ein kleiner Teil" der Nutzer kenntlich gemacht werden, schrieb die Zeitung.

>> Zum Bericht auf Tagesschau.de

(APA/dpa/Red. )

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