»Die Idee einer CO2-Blase ist eine ziemliche Übertreibung«

Belastung der Umwelt durch Industrieabgase
Belastung der Umwelt durch Industrieabgase(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
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Unsichere Daten, unreife Alternativen zu Öl und Gas: US-Energieexperte Geoffrey Styles glaubt nicht an die Blase.

Gibt es eine Kohlenstoffblase?

Geoffrey Styles: Das Konzept fußt auf der Idee eines CO2-Budgets. Aber auf die grundlegende Frage, wie groß dieses Budget ist, gibt es ganz unterschiedliche Antworten. So wie auf die Frage, wie groß der Temperaturanstieg ist, wenn sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre verdoppelt. Die jüngsten empirischen Befunde legen nahe: nicht so groß, wie in den Modellen vermutet. Auch da gibt es ein Fragezeichen. Aber ganz praktisch betrachtet: Die Konkurrenten mit den neuen Technologien sind ja gar nicht in der Lage, die fossilen Brennstoffe zu ersetzen – vielleicht in 30 Jahren, aber sicher nicht in zehn. Bei den Produktionskosten können sie noch nicht mithalten. Die Investitionen wären für ein so schnelles Wachstum zu hoch. Eine Energiewende dauert lang. Die Vorstellung, sie könne so schnell über die Bühne gehen, dass die Öl- und Gasfirmen heute schon überbewertet sind – das ist eine ziemliche Übertreibung.

Oft wird die Ignoranz der Investoren mit der Zeit vor der Finanzkrise verglichen, mit den verborgenen Subprime-Risken...

Das ist eine schlechte Analogie. Wenn man Leute im Jahr 2007 gefragt hätte, ob sie jemals von Kreditausfallsversicherungen gehört haben, hätten nur die wenigsten irgendeine Idee gehabt, was das ist. Aber wenn Sie heute Leute fragen, ob sie vom Klimawandel gehört haben, ob sie wissen, dass fossile Brennstoffe dazu beitragen und dass künftige Regulierung möglicherweise die Nachfrage nach ihnen senken könnte, würde die meisten – und fast jeder Investor – sagen: Ja, ich weiß Bescheid. Das ist kein verborgenes Risiko.

Könnte die Carbon Bubble zumindest eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein?

Das ist für mich der interessanteste Aspekt. Die Bedrohung für den Wert der Firmen kommt nicht von der Realität. Aber wenn genug große Investoren – zum Beispiel Universitäten – an diese Blase glauben, dann ist es schon denkbar, dass sich der Wert der Firma ändert, weil die Nachfrage nach ihren Aktien zurückgeht. Aber das ist dann keine Blase, sondern das Resultat gesellschaftlichen Handelns, so wie bei Boykottkampagnen. Das ist sicher ein Risiko, und die Firmen wissen das: Sie diskutieren mit Investoren, etwa mit Pensionsfonds, und überlegen genau, wie sie mit Aktionärsbegehren auf ihren Hauptversammlungen umgehen.

Bereitet Ihnen persönlich der Klimawandel denn gar keine Sorgen?

Das ist kein Problem, das wir ignorieren können. Das Risiko ist erheblich, und wir müssen damit zurechtkommen. Es gibt aber noch große Unsicherheit darüber, wie dieser Klimawandel verläuft. Und alle angeblichen Lösungen beruhen auf scheinbaren Gewissheiten, die wir tatsächlich heute nicht haben. Wir brauchen viel mehr Innovation in neuen Technologien, um wirklich erfolgreich fossile Brennstoffe ersetzen zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2014)

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