Karstadt-Chefin wirft nach nur fünf Monaten das Handtuch

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Die ehemalige Ikea-Managerin Sjöstedt sieht die Voraussetzungen für eine Sanierung der Kaufhauskette nicht mehr gegeben.

Erneuter Rückschlag für die angeschlagene deutsche Warenhandelskette Karstadt: Knapp fünf Monate nach ihrem Amtsantritt als Chefin wirft Eva-Lotta Sjöstedt das Handtuch. Die ehemalige Ikea-Managerin sollte den mit Verlusten und Umsatzeinbußen ringenden Traditionskonzern mit seinen 17.000 Beschäftigten wieder auf Kurs bringen, vermisst aber entsprechende Unterstützung.

Die Chefin setzte auf Rückhalt vonseiten des als Karstadt-Retter gefeierten Eigentümers Nicolas Berggruen. Sie habe aber feststellen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Sanierung nicht mehr gegeben seien, begründete sie am Montag ihren Rücktritt. Das Unternehmen reagierte betroffen: "Dieser Schritt kommt für uns überraschend und in sehr schwierigen Zeiten", erklärte Aufsichtsratschef Stephan Fanderl.

"Sanierung unverzüglich angehen"

Kommissarisch sollen Finanzvorstand Miguel Müllenbach und Personalchef Kai-Uwe Weitz die Geschäfte führen. "Unser Ziel ist es jetzt, mit dem erfahrenen Management die Sanierung von Karstadt entschlossen und unverzüglich anzugehen", erklärte Fanderl. "In der gegenwärtigen Situation dürfen wir uns durch personelle Veränderungen nicht bremsen lassen."

Karstadt-Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt sieht Investor Berggruen nun in der Pflicht. "Frau Sjöstedts eigener Kommentar zu ihrem Rücktritt legt nahe, dass der Eigentümer Nicolas Berggruen Frau Sjöstedt nicht genügend unterstützt hat bei ihren Plänen, in die Zukunft von Karstadt, in die Häuser und damit auch in die Arbeitsplätze zu investieren", sagte er.

Mehrheit an Benko verkauft

Die Mehrheit an den Luxushäusern, wie dem Berliner KaDeWe, und den Sportgeschäften hatte Eigner Berggruen bereits an den österreichischen Investor Rene Benko veräußert - und damit Spekulationen um die Zukunft von Karstadt und eine mögliche Fusion mit der Metro-Tochter Kaufhof angeheizt.

2010 hatte Berggruen den Karstadt-Konzern für den Symbolwert von einem Euro gekauft und so vor der Insolvenz gerettet. Er wolle dem Konzern "frische und attraktive Perspektiven" eröffnen, kündigte Berggruen seinerzeit an. Ihm gehe es darum, die "Kultmarke Karstadt" und die Arbeitsplätze zu retten. Aus den roten Zahlen ist Karstadt bisher aber nicht gekommen.

Sjöstedt: Führende Position bei Ikea

Alle Hoffnungen ruhten dann auf Sjöstedt, die zuvor für Ikea in Schweden, Japan und den Niederlanden in führenden Positionen gearbeitet hatte. Sjöstedt erklärte nun: "Als ich mich im vergangenen Herbst dazu entschied, nach Essen zu gehen, tat ich dies in fester Annahme, ein angeschlagenes, in einer sehr schwierigen Situation befindliches Unternehmen übernehmen und entwickeln zu dürfen." Die Karstadt-Eigentümer, die Berggruen Holdings, hätten die volle Unterstützung für ihre Strategie und Investitionspläne für die 83 Warenhäuser zugesagt.

"Nach eingehender Prüfung, den Erfahrungen der letzten Monate und in genauer Kenntnis der wirtschaftlichen Rahmendaten muss ich nun jedoch feststellen, dass die Voraussetzungen für den von mir angestrebten Weg nicht mehr gegeben sind", erklärte Sjöstedt. Daher habe sie dem Aufsichtsrat mitgeteilt, dass sie ihr Amt zum 7. Juli niederlegen werde.

(APA)

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