Hypo: Bund übernimmt Kärntner Klagsrisiko

Landeshauptmann Peter Kaiser (l.) im Gespräch mit „Presse“- Redakteur Martin Fritzl
Landeshauptmann Peter Kaiser (l.) im Gespräch mit „Presse“- Redakteur Martin FritzlDie Presse
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Kärntens Landeshauptmann, Peter Kaiser (SPÖ), derzeit Sprecher der Landeshauptleutekonferenz, über die Macht der Länder, Reformen in Kärnten und die Hypo-Sondergesetze, die Kärnten endgültig entlasten.

DiePresse: Sie sind jetzt für ein halbes Jahr der Chef der heimlichen Nebenregierung?

Peter Kaiser: Ich sehe mich als Sprecher der Landeshauptleute ...

... das sage ich ja.

Die Aufgabe des Sprechers laut dem Protokoll aus dem Jahr 1990 ist es, seine Autorität zum Schutz der Interessen der Länder einzusetzen – auch über die Medien.

Wie mächtig sind die Landeshauptleute?

Es geht nicht um Macht. Die Landeshauptleute sind näher an der Bevölkerung, können daher vielleicht eine Spur sensibler darauf reagieren, was sich in der Bevölkerung an Problemen darstellt. Das wird oft mit Macht gleichgesetzt.

An einem Beispiel, das Sie jetzt nicht persönlich betrifft: Oberösterreich bekommt eine Medizin-Fakultät, die eigentlich nicht benötigt wird, weil der Landeshauptmann es so will und sich damit durchsetzt.

Richtig. Wir haben einen anderen Weg gewählt. Wir haben auf eine Privat-Medizin-Uni verzichtet, weil wir denken, dass die dort investierten Millionen besser eingesetzt werden können.

Die Regierungsspitze will gemeinsam mit dem Rechnungshof Einsparungspotenziale suchen – auch bei den Ländern. Haben Sie schon einen Termin?

Ich habe noch keinen Termin, kenne aber einen Großteil dieser 599 Vorschläge des Rechnungshofs. Manche davon haben wir auch im Kärntner Regierungsprogramm implementiert.

Zum Beispiel?

Wir haben an einer Bezirkshauptmannschaft alle Strafmandate und Strafverfügungen konzentriert und damit freie Kapazitäten an den anderen Bezirkshauptmannschaften geschaffen. Und wir haben den Modellbezirk Hermagor, in dem die Bezirkshauptmannschaft die Bauangelegenheiten von den Gemeinden übernimmt. Wenn das effizient ist, werden wir versuchen, das über das ganze Land auszubreiten.

Gibt es auch Aufgaben, die die Länder abgeben sollten?

Ich denke, dass ein bundesweit einheitlicher Jugendschutz dringend notwendig wäre. Was beim Tierschutz möglich war, sollte auch da möglich sein.

Das führt zur nächsten Frage: Jugendschutz und Bauordnung sind die letzten Bereiche, in denen die Landtage noch wichtige Gesetze beschließen können. Werden die bald überflüssig?

Ich glaube, dass es mehr als genug Aufgaben für die Landtage gibt. Da geht es nicht nur um Gesetze. Soll der Bund die Landesbudgets machen? Die Kontrolle der Regierung ist eine ganz zentrale demokratische Aufgabe.

Wäre es sinnvoll, dass Länder selbst Steuern einheben?

Da bin ich prinzipiell dagegen. Der eingangs erwähnte Vorteil der Nähe würde dazu führen, in einen Steuerwettbewerb zu treten. Ich denke daher, die Steuerhoheit muss beim Bund bleiben.

Das ist eine für die Länder angenehme Position: Der Bund hebt Steuern ein und wird dafür geprügelt, die Länder dürfen das Geld verteilen.

Das ist eine verkürzte Darstellung. Die Länder bekommen ja auch Aufgaben, bei der Bildung oder in anderen Bereichen. Und die Sparsamkeit in den Ländern nimmt zu.

Aber sie haben immer noch genug Geld, damit sie – am Beispiel Kärntens – das Eierspeisfest und den Erwerb der Landestracht fördern können.

Die Zeit von 1999–2013 war gekennzeichnet vom Denken „Was kostet die Welt?“ und „Kärnten ist reich“. So lebte man auch und hat versucht, sich Wahlerfolge zu erkaufen. Wir versuchen, mit intelligenten Sparplänen gegenzusteuern.

Sie sind jetzt mehr als ein Jahr im Amt. Von großen Reformen ist eigentlich noch nichts zu sehen.

Das ist auch die Stärke dieser Koalition, dass man nicht große Reformen sieht, aber eine deutliche Veränderung des politischen Stils und des bewussteren Umgangs mit Steuermitteln. Wir sind mittendrin in einer großen Veränderung.

Zur Hypo: Sind Sie zufrieden mit den Sondergesetzen?

Ich denke, dass dieser Schritt richtig ist. Es wird zu einer breiteren Verteilung der Schuldenlast kommen. Auch Kärnten ist da bereit, einen Beitrag zu leisten.

Bereiten Sie sich auf Klagen der Gläubiger vor, die auf die Haftung des Landes pochen werden?

Das geht durch das Gesetz automatisch auf die Republik über.

Der Bund nimmt Kärnten auch dieses Risiko ab?

Es wäre ja falsch, jetzt quasi eine Achillesferse zu offerieren, denn dann hätte man sich das Gesetz sparen können. Ich war sehr froh, dass sich die Bundesregierung entschieden hat, nicht den Weg der Insolvenz zu gehen.

Finden Sie es richtig, Gläubiger per Gesetz zu enteignen?

Das ist ein Weg, der lange überlegt wurde. Ich folge hier den Fachleuten, weil ich annehme, dass sie das abgewogen haben. Und da ich weiß, dass einer der Architekten der Justizminister ist, habe ich hohes Vertrauen.

ZUR PERSON

Peter Kaiser (55) ist seit April des Vorjahres Kärntner Landeshauptmann. Bei der Wahl am 3. März hat er die SPÖ wieder zur Nummer eins gemacht und danach mit Grünen und ÖVP eine Dreierkoalition gebildet. Diese hat eine Zweidrittelmehrheit im Landtag und soll damit Reformen umsetzen – etwa eine Abschaffung des Proporzsystems. In ihrem ersten Jahr war die Dreierkoalition hauptsächlich mit den Folgen der Hypo-Pleite beschäftigt. Anfang Juli übernahm Kaiser turnusmäßig auch den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2014)

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