Die OECD empfiehlt der italienischen Regierung, mehr für die Integration von Migranten auf dem Arbeitsmarkt zu unternehmen.
Brüssel/Paris. Gut, aber nicht gut genug – so lautet das Fazit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bezüglich der Integration von Migranten in Italien. In einem am gestrigen Montag präsentierten Bericht empfehlen OECD-Experten der italienischen Regierung eine Reform des Arbeitsmarkts, um mit dem Zustrom der Migranten besser umzugehen.
Im vergangenen Jahrzehnt hat Italien eine Explosion der Zuwanderung erfahren – nach Berechnung der OECD hat sich die Zahl der Migranten von 2000 bis 2012 mehr als vervierfacht: Nicht im Inland geborene Personen machen mittlerweile zehn Prozent der arbeitsfähigen Population (bzw. 4,5 Mio. Personen) aus – und sie gehen im Schnitt öfter einer Arbeit nach als gebürtige Italiener.
Das Problem sind indes die Arten der Beschäftigung, denen Migranten nachgehen, denn hier kommt eine Eigenheit des italienischen Arbeitsmarkt ins Spiel, die auch für die Inländer alles andere als vorteilhaft ist: die Zweiteilung zwischen unbefristeten, gut abgesicherten Arbeitsplätzen und einem schlechter bezahlten temporären Sektor – in den Zuwanderer mangels Bildung, Sprachkenntnissen und legalen Arbeitsmöglichkeiten zwangsläufig gedrängt werden. Besonders stark repräsentiert sind Migranten auf dem Bau und im Bereich „persönliche Dienstleistungen“ – sprich Haushilfe. Und in diesen zwei Bereichen hat die italienische Regierung vergleichsweise wenig unternommen, um für einen Aufstieg in besser bezahlte Jobs zu sorgen. Je länger die Krise anhält, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Zuwanderer in informellen, schlecht abgesicherten Jobs ohne Aufstiegschancen stecken bleiben.
Die OECD empfiehlt der italienischen Regierung, Italienischunterricht zu forcieren, gegen die Diskriminierung von Migranten vorzugehen und die Zahl der Verwaltungsstellen, die mit der Materie betraut sind, zu reduzieren. Ein besonderes Problem aus der Sicht der Studienautoren stellen die Kinder der Zuwanderer dar, die mit dem fortschreitenden Alter verstärkt auf den italienischen Arbeitsmarkt drängen – aber im Lauf der vergangenen Jahre vom Bildungssystem vernachlässigt wurden und daher schlechte Jobchancen haben. (la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2014)