Stundenkürzungen an Wiens Volksschulen

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Die "Gratis-Nachhilfe" in Wien dürfte eine pädagogische Mogelpackung sein. Zeitgleich werden Begabtenprojekte, Sport und Musik gestrichen.

Die Zahl der Volksschüler in Wien steigt. Dafür gibt es auch mehr Geld aus dem Finanzausgleich, allerdings nicht genug, um das Niveau des Angebots zu halten. Weshalb nun in den Klassenzimmern gespart wird: 1,5 Wochenstunden pro Klasse werden im kommenden Schuljahr in Wien gekürzt, wie das ORF Radio berichtet. Das betrifft zwar nicht die Pflichtstunden, aber die attraktiven Zusatzangebote, die vielen Eltern besonders am Herzen liegen: Begabten-Projekte, Bewegtes Lernen, unverbindliche Übungen.

Interessant ist der zeitliche Zusammenfall mit einem Prestigeprojekt der Wiener SPÖ: Die "Gratis-Nachhilfe" soll ab Herbst an allen Wiener Pflichtschulen anlaufen und kostet die Stadt bis zu 20 Millionen Euro. Einen Zusammenhang mit den Stundenkürzungen stellt die Wiener SPÖ entschieden in Abrede - obwohl der Wiener Landesschulinspektor Wolfgang Gröpel bestätigt, dass Wien "mehr in die Pflicht und weniger in die Kür" investieren will. Sprich: Mehr in die sozial schwachen Risikoschüler invesitieren will und weniger in die Zusatzangebote, die den bildungsaffinen Familien am Herzen liegen.

Kritik von vielen Seiten

Nun gibt es aber Gegenwind bei diesem Vorgehen. Dieser kommt auf Bundesebene von den Bildungssprechern der ÖVP, aber auch der SPÖ, wie Ö1 berichtet. Und auch die Wiener Grünen sind wenig begeistert: Riskieren sie doch, mit der Kürzung der Stunden ihre Wähler vor den Kopf zu stoßen.

"Das ist komplett inakzeptable. Das Angebot an einer Schule lebt davon, dass es ein vielfältiges Angebot ist, und dass Begabungen gefördert werden können", sagt ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank. Was die Wiener SPÖ betreibe sei "Loch-auf-Loch-zu-Politik".

Auch die eigene Partei übt Kritik: "Beides ist wichtig, die Fördermaßnahmen und natürlich auch die Nachhilfe, um jenen, die sich schwer tun, unter die Arme zu greifen. Und ich würde mir natürlich schon wünschen, wenn die Stadt Wien hier noch einiges nachjustieren könnte", formuliert SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Großmann vorsichtig in Richtung der Wiener Parteifreunde.

Wer muss zahlen?

Und auch die Grünen stellen klar: "Nein, es passt uns nicht, wie es jetzt läuft. Selbstverständlich muss man versuchen nachzubessern", sagt er Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn. Für ihn ist aber die Zuteilung der Lehrer an der aktuellen Misere Schuld: Wien werde unterfinanziert und brauche mehr Geld vom Bildungsministerium.

Die Stundenkürzung in Wien mündet also in die Frage, wer zahlen soll. Das Bildungsministerium ist jedenfalls der Meinung, dass der aktuelle Streit Ländersache sei. Der Finanzausgleich gebe vor, wie die Mittel verteilt werden - und dieser stehe derzeit nicht zur Diskussion. Ob der Verteilungsschlüssel geändert werden muss, werde in den Verhandlungen zum neuen Finanzausgleich Thema sein. Bis Ende 2016 läuft aber noch der Aktuelle.

Zum Bericht von Ö1 >>>

(Red.)

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