140 Mio. Euro Schaden: Baumafia-Netz aufgeflogen

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Die vier mutmaßlichen Betrüger sollen ein Geflecht aus 20 Scheinfirmen betrieben haben. Es wurde schon jahrelang ermittelt.

Finanzpolizei und das Wiener Landeskriminalamt haben ein österreichweites Baumafianetz aufgedeckt. Einem Betrügerduo, das seit 2007 im Visier der Ermittler steht, wird vorgeworfen, Steuern und Abgaben in Höhe von 20 Mio. Euro hinterzogen zu haben. Insgesamt sind vier Personen in Haft. Sie sollen ein Riesenkonstrukt aus Scheinfirmen aufgezogen haben - inklusive 1.600 falsche Rechnungen über 25 Mio.

Dem Steuerzahler soll dadurch ein Schaden von mindestens 140 Mio. Euro entstanden sein, meldeten Finanz- und Innenministerium am Dienstag. Den Beschuldigten sei eine ganze Palette an Straftaten nachgewiesen worden: Geldwäsche, schwerer gewerbsmäßiger Betrug, schwere betrügerische Krida sowie die Fälschung und missbräuchliche Verwendung "unzähliger" Urkunden. Weiters ortet die Finanzpolizei einen Verstoß gegen das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz und Abgabenhinterziehung.

Die mutmaßlichen Betrüger - ein Haupttäter, ein Buchhalter sowie zwei vermeintliche Firmeninhaber bzw. -gründer - sollen ein Geflecht aus 20 Scheinfirmen betrieben haben. Damit haben sie den Ermittlern zufolge Bauaufträge als Subunternehmer oder Arbeitskräftebereitsteller abgewickelt, ohne dafür Lohnabgaben oder Sozialversicherungsbeträge zu bezahlen. Als "Drehscheibe" für die Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse und vor allem zur Abwehr von Behördenkontrollen habe ein gewerblicher Buchhalter fungiert. Dieser sei in die Betrügereien "voll involviert" gewesen.

Scheinfirmen in Konkurs geschickt

Damit habe das System lange aufrechterhalten werden können. "Immer, wenn eine der Scheinfirmen von GKK oder Finanz kontrolliert wurde, wurde diese in Konkurs geschickt und die Bediensteten auf eine neue Scheinfirma umgemeldet", so BMF und BMI in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Ein weiteres "Betätigungsfeld" sei die Erstellung von Scheinrechnungen an interessierte Kunden gewesen, wobei auch die Zahlung an diverse Konten abgewickelt und refundiert worden sei. "Mit den Scheinrechnungen wurde beim Rechnungsempfänger ein steuermindernder Betriebsaufwand vorgegaukelt und zusätzlich oftmals auch Vorsteuer ergaunert."

Nicht zuletzt sollen die mutmaßlichen Täter Anmeldungen für in Wahrheit nicht arbeitende Personen um 300 Euro im Monat verkauft haben - damit diese in den Genuss der Sozialversicherung oder gegebenenfalls erhöhter Bemessungsgrundlagen für Arbeitslosengeld kamen. Ein einigen Fällen habe das ganze schlicht zum (betrügerischen) Nachweis von Einkommen gedient, um Leasinggeschäfte tätigen zu können. Die Behörden gehen von insgesamt 7.500 Scheinanmeldungen aus.

Jahrelange Ermittlungen

Die Ermittlungen gegen das "Baumafianetz", wie es die Ministerien bezeichnen, laufen seit Jahren. In einem Fall beauftragte die Staatsanwaltschaft Wien das Wiener Landeskriminalamt mit Ermittlungen wegen fahrlässiger Krida. In der Folge wurden die Verdächtigten ein Jahr lang von Polizei und Finanzpolizei observiert: "Unzählige" Personen wurden einvernommen, Razzien, Baustellenkontrollen und Telefonüberwachungen durchgeführt.

Den Beschuldigten drohen zehn Jahre Gefängnis. Details wollen die Ministerien am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit den Ermittlern im Finanzministerium bekanntgeben, sagte ein BMI-Sprecher zur APA.

(APA)

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