Verteidigungsminister Geletej vermutet Abschuss einer ukrainischen Transportmaschine von russischem Territorium aus.
Kiew/Donezk. Von dem ukrainischen Transportflugzeug waren am Schluss nur noch brennende Trümmer auf freiem Feld übrig. Unbekannte schossen gestern eine Antonow über dem Gebiet Lugansk ab. Laut Augenzeugenberichten soll es dem Piloten gelungen sein, mit einem Fallschirm abzuspringen. Es sollen sich noch weitere Crewmitglieder an Bord befunden haben; über ihr Schicksal war zunächst nichts bekannt.
Zuvor hatte das ukrainische Militär bekannt gegeben, dass es zur Mittagszeit den Funkkontakt mit dem Flugzeug verloren hatte. Seit dem Beginn von Kiews „Antiterroroperation“ hatten die Separatisten mehrere Militärhubschrauber und ein weiteres Flugzeug abgeschossen. Der ukrainische Verteidigungsminister Walerij Geletej äußerte den Verdacht, dass das Flugzeug „vermutlich“ von russischem Territorium aus beschossen worden war. Die in der Ostukraine tätigen Separatisten würden über ein Raketensystem, welches das Flugzeug in einer Höhe von 6500 Metern getroffen habe, nicht verfügen.
Der Zwischenfall kommt zu einem Moment, in dem die Lage in der Ostukraine zu eskalieren droht. Nach dem Tod eines Mannes am Sonntag durch Granatfeuer auf russisches Territorium waren gestern widersprüchliche Signale bezüglich der Reaktion Russlands zu vernehmen. Moskau kündigte vage eine „Antwort“ an. Die russische Zeitung „Kommersant“ berichtete am Montag unter Berufung auf einen Insider, dass der Kreml „punktuelle Gegenschläge“ ins Auge fasse. Dmitrij Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin, dementierte kurze Zeit später: Es seien keine Militäraktionen geplant.
Nato: Moskau hat Truppen aufgestockt
Nach Informationen der Nato hat Russland jedoch erneut seine Truppen an der russisch-ukrainischen Grenze verstärkt. 10.000 bis 12.000 Soldaten würden sich in unmittelbarer Grenznähe befinden, sagte ein anonymer Nato-Mitarbeiter. Mitte Juni hätte die Truppenstärke nur noch 1000 Mann umfasst.
Moskau setzte indes ein „Zeichen des guten Willens“: Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll der Zugang zu zwei Grenzübergängen ermöglicht werden. (ag./som)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2014)