Crowdfunding: Nur halb legal, doch bitter nötig

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Noch immer gibt es keinen rechtlichen Rahmen für Schwarmfinanzierungen, eine Alternative zum Bankkredit für Unternehmen. Doch jetzt kommt Bewegung in die Sache.

Wien. Es ist ein bisschen still geworden um Heini Staudinger, den streitbaren Schuhhersteller aus dem Waldviertel. Dieser hatte sich vor einem guten Jahr als Finanzrebell einen Namen gemacht, weil er auf die Banken pfiff und sein Unternehmen illegalerweise mit Kleinkrediten von Privatpersonen finanzierte.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte sich an seine Fersen geheftet, mehrmals Strafen verhängt (die er nach eigenen Angaben bis heute nicht bezahlt hat) und weitere angedroht, sollte er sein Kreditmodell nicht umstellen. Staudinger hat sein Darlehensmodell mittlerweile auf Nachrangdarlehen umgestellt und damit legal gemacht.

Nachteil für die Anleger

Die Ironie dabei: Ein Nachrangdarlehen benachteiligt die Anleger gegenüber anderen Gläubigern im Falle einer Insolvenz. Dabei hat die FMA immer damit argumentiert, dass es ihr um den Schutz der Anleger gehe, den man im Fall Staudinger vermisse. Natürlich ist es so: Wer sein Geld in Unternehmen investiert, geht ein Risiko ein. Denn Unternehmen könnenpleite gehen, und dann sehen die Anleger – jedenfalls bei jetziger Gesetzeslage – durch die Finger. Dafür ist die Rendite auch höher als bei risikoarmen Anlageformen wie dem Sparbuch.

Das Beispiel zeigt jedenfalls: Es fehlt nach wie vor ein verbindlicher rechtlicher Rahmen, damit das Modell Crowdfunding zu einer wirklichen Alternative zum Bankkredit werden kann. Die Unternehmen hätten diese bitter nötig, es fehlt ihnen an Risikokapital, das die Banken immer seltener bereitstellen wollen. Zum Teil wurden die in Österreich im Vergleich zum Ausland strengen Kapitalmarktregeln bereits aufgeweicht, um den Spielraum für Crowdfunding zu erweitern. So wurde die Prospektpflichtgrenze (eigentlich eine Erfindung für börsenotierte Unternehmen) von 100.000 Euro auf 250.000 Euro angehoben. Ab dieser Summe, die ein Unternehmen von Anlegern entgegennimmt, muss ein teurer Kapitalmarktprospekt herausgegeben werden. Dieser informiert die Anleger umfassend (und meist für Laien unverständlich) über die finanzielle Lage des Unternehmens.

Einfacher und billiger

Informieren könne man die Anleger einfacher und günstiger auch ohne Kapitalmarktprospekt, finden die Crowdfunding-Befürworter und fordern eine weitere Anhebung der Prospektpflichtgrenze. Doch damit wäre es noch nicht getan, es gilt noch, weitere rechtliche Grauzonen zu beseitigen. Immerhin gibt es jetzt in Sachen Crowdfunding-Gesetz etwas Bewegung: Am Mittwoch haben die Grünen im Parlament einen Entschließungsantrag für ein Crowdfunding-Gesetz gestellt, mit der Forderung, dass die Regierung bis zum 30.September dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuleiten soll. Dieser soll eine Anhebung der Prospektpflicht auf drei Mio. Euro, aber auch Vorgaben für eine Informationspflicht der Unternehmen bei Beträgen unter dieser Grenze enthalten. Die Summe, die ein einzelner Anleger bereitstelle, solle auf 20.000 Euro beschränkt werden. Außerdem sollen „Angebot und Vertrieb der Schwarmfinanzierung nur direkt der Schuldnerin bzw. der Emittentin erlaubt sein“.

Das würde verhindern, dass sich Finanzdienstleister zwischenschalten. Crowdfunding-Plattformen, die als Schnittstelle zwischen Anlegern und Unternehmen agieren, wären aber weiterhin legal. Die Frage, welche Darlehensform für das Crowdfunding sinnvoll wäre, müsste aber noch geklärt werden.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2014)

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