Alte Freunde, neue Geschäfte

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An der katarisch-deutschen Geschäftsfreundschaft zeigt sich, wie Wirtschaft und Sport ineinander übergehen.

Die erste Erwähnung des WM-Bewerbers Katar findet sich in einem Artikel des „Sydney Morning Herald“ vom 26. Mai 2008. Der Präsident des Fußballweltverbands Fifa, Sepp Blatter, besuchte Sydney und beschied dem Chef der australischen WM-Bewerbung 2018, Frank Lowy, gute Chancen. Doch die WM 2018 erhielt Russland, die von 2022 Katar.

Ursprünglich wollte Katar die Olympischen Sommerspiele 2016 ausrichten. Der Salzburger Erwin Roth war dafür als strategischer Planer engagiert. Sein Plan sah eine überdachte „Sun City“ in der Wüste vor. Solarpaneele würden die zur Kühlung notwendige Energie liefern. Der Architekt Wolf Prix (Coop Himmelb(l)au) war zwar nicht an den Planungen beteiligt, bestätigt der „Presse“ aber, derartige Projekte seien ohne Weiteres durchführbar. Roth: „Übrig geblieben ist davon der Plan, jedes einzelne WM-Stadion zu kühlen, aber man kann ein nicht überdachtes Stadion nicht kühlen.“

Im Fifa-Report 2010 über die WM-Bewerbung Katars werden zwölf Spielorte aufgelistet. Neun Stadien würde man neu bauen müssen, drei müsste man von Grund auf renovieren. Geschätzte Gesamtkosten: 2,5 Milliarden Euro. Eine Nachnutzung ist angesichts Katars winziger Fußballliga illusorisch.

Die Kosten spielen für das Wüstenland keine Rolle. Das Investment ist Teil einer „Versicherungspolice“, die Roth zufolge Katar als Freund des Westens etablieren soll. Der Bauboom geht weit über den sportlichen Sektor hinaus und exemplifiziert das Interesse europäischer Firmen an Katar. Das deutsche Architektur- und Planungsbüro Albert Speer und Partner hat Katars Stadien für die WM 2022 entworfen. Speer betreut zahllose Baustellen im arabischen Raum und kooperiert mit dem Kommunikationsbüro Andreas Abold, das Sportverbände, Sponsoren, Veranstalter und Events vernetzt und vermarktet. Abold soll regen Kontakt mit dem deutschen Sportmanager Fedor Radmann pflegen. Radmann arbeitete einst für Salzburgs Bewerbung für die Winterspiele 2014. Bevor diese Bewerbung scheiterte, schied er krankheitsbedingt aus. Er ist seit vielen Jahren Franz Beckenbauers wichtigster Berater und Freund so manchen Scheichs.

Beckenbauer ist mehr als eine Fußballikone. Er gilt als Türöffner für wichtige Geschäfte. Er reiste auch mit deutschen Industriellen nach Katar, um ihnen bei der Kontaktaufnahme mit potenziellen Auftraggebern zu helfen. Die Fäden der Sportwelt laufen oft dort zusammen, wo mit Sport das große Geld verdient wird. So haben Radmann, Fifa-Chef Sepp Blatter und der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, eines gemeinsam: Sie absolvierten Lehrjahre bei Adidas-Eigentümer Horst Dassler.

All die Bemühungen dieses Sportnetzwerks stehen durchaus im Einklang mit jenen von Deutschlands hoher Politik. Der ehemalige deutsche Präsident Christian Wulff hat nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ (11. 5. 14) bei einem Besuch in Zürich 2010 Fifa-Boss Blatter „mit dem Hinweis auf enorme Aufträge für deutsche Unternehmen im Emirat gebeten, für Katar zu stimmen“. Die deutsche Industrie benötigte in der Finanzkrise investitionsfreudige Auftraggeber.


Katar bangt um die WM. Katar erhielt den Zuschlag, und kann sich trotzdem nicht sicher sein, die WM 2022 austragen zu dürfen. Zu viele Stimmen sprechen sich gegen ein Turnier bei 50 Grad Celsius im Schatten aus. Sollte Katar die WM verlieren, wird es sich um die Sommerspiele 2024 anstellen. Befürworter aus Deutschland gäbe es viele. Vielleicht auch Thomas Bach? Er war bis zu seiner Wahl zum IOC-Präsidenten (2013) Vorsitzender der Ghorfa Arab-German Chamber of Commerce and Industry.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2014)

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