Homeoffice: Im Patschenbüro

Wenn Lebens- und Arbeitswelt verschmelzen: Planungs- und Ausstattungstipps für jene, die von zuhause aus beruflich tätig sein wollen, müssen oder dürfen.
Text:

Vorweg, ein Blick hinter die Kulissen: Auch dieser Text entstand in einem Home Office, zwischen fünf Uhr und acht Uhr. Die Autorin schreibt bevorzugt am frühen Morgen, bei absoluter Stille, da ist sie effizient und – hoffentlich – gut. Solche Möglichkeiten der „zeitlichen Entgrenzung von Arbeit“, durch ein Büro in den eigenen vier Wänden, zählt Organisationsforscher Wilhelm Bauer zu den zentralen Gründen für den derzeit boomenden Trend zur Heimarbeit. Bauer, der Leiter des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation, ist Mitglied der deutschen Forschergruppe Office   21, die an neuen – auch räumlichen – Konzepten von Berufstätigkeit forscht. Neue Technologien, ein Fokus auf Projektarbeit, frei schaffende Wissensarbeiter: All dies würde nun dazu führen, dass die Lebens- und die Arbeitswelt verschmelzen. Eine wichtige Erkenntnis dabei: „Wir müssen vor allem lernen, unsere Smartphones und Tablets auch ausschalten zu können“, so Bauer.

Theorie und Praxis. Der Aus-Knopf dieser Gadgets ist aber die letzte Etappe dieses Prozesses des Abstandgewinnens vom Homeoffice, das mit der richtigen Raumaufteilung beginnt. Die berüchtigte Kluft zwischen Theorie und Praxis tut sich mitunter weit auf: zwischen den blütenweißen Konzepten der „modernen Hightech-Arbeitswelt“ und dem mitunter grauen Alltag der Heimarbeiter. Eingezwängt zwischen Wohnlandschaft und Küche, losgelöst von Kollegen zu arbeiten ist diese Arbeitsform zuallererst ein Härtetest für die Psyche. Von „Einsamkeit“ als beachtlichem  Problem berichtet etwa die Architektin Verena Mörkel vom Wiener Büro Superblock, beobachtet bei Kunden, die nur zu Hause arbeiten: „Immer mehr Personen, die freiberuflich tätig sind, schließen sich zu Bürogemeinschaften zusammen. Das ist im Moment ein beachtlicher Trend.“

Räume vorab einplanen.
Oft fehlt für solche Investitionen schlicht das Geld, gerade in der Gründungsphase – oder das Auswärtsarbeiten ist auch nicht gewollt, weil das Heimwerken mit Betreuungspflichten verbunden ist. „Wichtig ist“, rät Mörkel, „beim Bau eines Hauses, dem Kauf oder bei der Renovierung einer Wohnung die Möglichkeit mitzudenken, dass hier später ein Arbeitsplatz untergebracht werden könnte. Dazu zählen Leerverrohrungen, Räume, die vom Vorraum aus begehbar sind. Solche Zimmer können später als Arbeitsplatz steuerlich absetzbar sein.“

Für die – heute vorhersehbaren – Brüche in Erwerbsbiografien ist somit entsprechender Spielraum einkalkuliert. Ihre Vision einer gelungenen Symbiose von Lebenswelt und Arbeitsalltag hat Mörkel in der Wiener Neuwaldegger Straße in ihrem eigenen Wohn- und Bürohaus verwirklicht. Offene Raumstrukturen, ein verglaster Innenhof als Kommunikationsbrücke zwischen Büro und Familie, spiegeln den Veränderungsprozess der Gesellschaft und die Antwort, die Räume darauf geben können, wider.

Tendenz steigend. Doch nicht alle Heimbüros sind Resultat einer Vision. Zwischen 400.000 und 500.000 arbeiten in Österreich als  Einpersonenunternehmen – dies auch, weil viele Branchen mit Anstellungen geizen. Dazu bieten immer mehr Firmen ihren Mitarbeitern an, die Arbeit zum Teil von zu Hause zu erledigen. Sämtliche Mitglieder der Managementebene des Möbelhauses Ikea etwa haben die Möglichkeit, einige Bereiche ihres Jobs vom Home-Office aus zu erledigen.

Dies ruft nun Innenarchitekten auf den Plan, um neue Lösungen für den steil wachsenden Bedarf an bifunktionalen Wohnungen zu schaffen. „Es gibt allerdings schlicht keine einzig gültige Patentlösung“, so der Kärntner Innenarchitekt Günther Wurzer, ein Experte für ausgetüftelte Arbeitsräume. Sein erster Rat für Start-ups überrascht allerdings. „Kaufen Sie sich wirklich gute
IT-Geräte, die besten für den Zweig, in dem sie arbeiten; investieren sie in gute Programme. Das Drumherum ist eine Bühne.“

Doch diese Bühne kann eine Menge leisten, wenn sie durchdacht konzipiert ist. Ein großzügiger Esstisch, der multifunktional auch als opulenter Schreibtisch eingesetzt werden kann, sei, so Wurzer, natürlich eine Möglichkeit, sollte es am Platz hapern. „Wenn es aber geht, würde ich raten, akustisch und räumlich abgegrenzte Arbeitszonen zu schaffen, etwa eine Denkzelle, in der ein Schreibtisch mit mobilen Raumelementen, Paravents, Kastenelementen abgeteilt wird.“ Es sei auch möglich, eine Couch in die Mitte des Raums zu rücken und so ein Wohnzimmer zu teilen.
„Um eine Achse einzuziehen, braucht man aber Platz. Hinter dem Schreibtisch sollte es eine Ablagefläche geben, dazu eine Distanz von einem knappen Meter für den Drehsessel.“

Der Bildschirm sollte in einem Winkel von 90 Grad zum Fenster stehen. Apropos: Fast alle, die jemals ein Home-Office einrichteten, kamen früher oder später zu dem Schluss, dass sich ein Laptop nur für kurze Tätigkeiten eignet: Wer länger als vier, fünf Stunden täglich von zu Hause aus arbeitet, sollte auf Desktops umsteigen, möglichst auf Glasplatten beim Schreibtisch verzichten und in einen guten Stuhl investieren, auch wenn das Geld knapp ist.

Gartenarbeit. Und wenn dem nicht so ist, sei abschließend auf eine der besten Lösungen für das Home-Office hingewiesen, die allerdings nur für Gartenbesitzer infrage kommt: das „Garden-Office“. Mittlerweile gibt es zahlreiche Anbieter (ein Überblick unter http://tiny-houses.de/minihaus-modulhaus/garten-studio-home-office), die spezielle Pavillon- und Modullösungen für Arbeitsplätze im Freien anbieten, in Österreich etwa Kittenberger Erlebnisgärten. Ab knapp 5000 Euro sind einfache Lösungen zu haben, feste Unterstände mit Heizung und Sanitär kosten das Zehnfache. Aber sie sind, auch dies sei verraten, schlicht perfekt, um an einem sehr frühen Morgen konzentriert zu schreiben.

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