Der deutsche Student wurde für mehrere Straftaten bei Ausschreitungen gegen den Akademikerball im Jänner verurteilt. Der Staatsanwalt bezeichnete die Eskalation als „Terrorismus“.
Staatsanwalt Leopold Bien hatte am letzten Prozesstag einen Schuldspruch im Sinne der „Generalprävention" gefordert. Er hat ihn bekommen: Schuldig wegen Landfriedensbruchs, schwerer Sachbeschädigung und versuchter schwerer Körperverletzung.
Der Schöffensenat des Landesgerichts Wien kam am Dienstag zu dem Schluss, dass der 23-jährige Student Josef S. am 24. Jänner 2014 maßgeblich und mit „führender Beteiligung" an den Ausschreitungen rund um die Proteste gegen den Akademikerball der FPÖ beteiligt war. Als Strafmaß wurden zwölf Monate Haft - acht davon bedingt - ausgesprochen. S. saß zuvor sechs Monate in Untersuchungshaft, die ihm auf die Strafe anzurechnen sind. Er verließ das Gericht auf freiem Fuß.
Der Deutsche aus Jena soll in jener Nacht unter anderem Polizisten mit Mülltonnen und Steinen beworfen, einen Streifenwagen und eine Polizeiinspektion zerstört haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Deutliche Worte für das Verhalten von S. und die Ausschreitungen im Allgemeinen hatte der Staatsanwalt zuvor in seinem Schlussplädoyer gefunden. War die Anklage zu Prozessbeginn vor allem durch ihren polemischen Bericht aufgefallen, beschrieb Bien die Randale nun so: „Die Durchsetzung politischer Veränderung mit Gewalt hat einen Namen: Terrorismus." Auch die Tatsache, dass S. während des Verfahrens keine Fragen beantwortet hat, sei vom Gericht „entsprechend zu würdigen". Er persönlich erachte es jedenfalls als „feige".
Kritik an Einsatzleitung
Grundlage des Schuldspruchs sind die Aussagen eines Zivilpolizisten, der S. den ganzen Abend bei gleich mehreren Straftaten beobachtet hat. Die Identifizierung des schwarz Verhüllten gelang ihm aufgrund der auffällig großen und schmalen Statur des Angeklagten sowie der Aufschrift „Boykott" auf seinem Pullover. Die beiden Verteidiger des nunmehr Verurteilten hatten in ihrem Schlusswort versucht, die Glaubwürdigkeit ebendieses Zeugen zu erschüttern. Offenbar ohne Erfolg.
Tiefe und öffentlich sonst nie vorgetragene Einblicke in die Reihen der Einsatzkräfte lieferten am letzten Prozesstag Zeugenaussagen von mehr als zwei Dutzend Polizisten, die während der Ereignisse in jener Nacht vor dem Haas-Haus auf dem Stephansplatz regelrecht unter Beschuss geraten waren. Die Aussagen der ortsunkundigen Kräfte aus Oberösterreich zeichneten ein kritisches Bild von den strategischen Vorbereitungen der Wiener Kollegen, zu deren Unterstützung sie angefordert worden waren.
So berichtete ein ranghoher Offizier davon, dass man in der Region Stephansplatz mit viel zu wenig Beamten vor Ort war, um die plötzlich vom Schwarzen Block ausgehenden Attacken zu unterbinden oder gar gezielt mit sogenannten Greiftrupps einzelne Angreifer aus der Masse an Gegnern heraus festzunehmen. Tatsächlich hielten dort nur etwa 50 Polizisten die Stellung gegenüber 6000 bis 7000 Demonstranten. Zudem äußerte der Mann seine Verwunderung über so manche taktische Anweisung der Einsatzleitung. Bei einer Anweisung, nämlich der Öffnung eines Korridors, habe er sogar nachgefragt, ob er das richtig verstanden habe. Anschließend, so der Oberst, sei seine Mannschaft durch diesen offensichtlichen Fehler plötzlich vom Schwarzen Block umzingelt gewesen. „Dann ist die Lage eskaliert."
Wie massiv die Angriffe waren, beschrieben seine Kollegen. Auf sie ging ein Hagel aus Mülleimern, Holzlatten, Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern nieder. Für Erheiterung im Saal sorgten Aussagen von Polizisten, die auch Nudelsiebe und Klobürsten als Wurfgegenstände wahrnahmen. Weniger lustig war der Bericht eines erfahren Beamten, der vom Einschlag eines Feuerlöschers zu Boden geworfen worden war. Der Richter will wissen, wie groß der Feuerlöscher war. Der Beamte deutet etwas in die Luft: „So etwa." Richter: „Wie eine Dopplerflasche also." Polizist: „Ja."
Bedenkzeit für Josef S.
Anders als der Hauptbelastungszeuge konnten die mit schwerer Schutzausrüstung ausgestatteten Polizisten nicht genau sagen, ob sich auch der Angeklagte unter diesen Angreifern befand. Einige Uniformierte schilderten jedoch auch, warum sie nichts zur Identifizierung beitragen können: Beschlagene Schutzvisiere am Helm, mit Farbe beschmierte Schilde und die schiere Konzentration darauf, nicht verletzt zu werden, ließen es demnach einfach nicht zu.
Die Staatsanwaltschaft nahm das Urteil an. Die beiden Verteidiger von Josef S. erbaten sich drei Tage Bedenkzeit.
Urteil für Josef S. Der 23-jährige deutsche Student wurde am Dienstag von einem Wiener Gericht schuldig gesprochen, maßgeblich an den Ausschreitungen während der Proteste gegen den Akademikerball der FPÖ beteiligt gewesen zu sein. Das Urteil: zwölf Monate Haft (acht davon bedingt) wegen Landfriedensbruchs, schwerer Sachbeschädigung und versuchter schwerer Körperverletzung. S. saß zuvor sechs Monate in Untersuchungshaft, die ihm auf die Strafe anzurechnen sind. Er verließ das Gericht auf freiem Fuß.