Schauspieler Klaus Huhle hat sich schon von Deutschland aus für partizipatives Wohnen auf dem Nordbahnhof beworben. Jahre später lebt und werkt er dort mit seiner Familie.
Still ist es momentan auf dem Areal des früheren Nordbahnhofs. Wegen der Ferienzeit wirken viele Wohnungen leer, und manche der neuen Objekte so, als wären sie noch nicht einmal bezogen worden. Die Bauarbeiten auf der letzten Brache in diesem großen, über die Jahre zunehmend bevölkerten Stadtentwicklungsgebiet in der Wiener Leopoldstadt sind noch nicht gestartet. Selbst im Rudolf-Bednar-Park, der in der Mitte zwischen den zahlreichen Wohnbauten liegt, tut sich nicht viel. Nur rund um das zweigliedrige Gebäude des Wohnprojekts Wien (einzueins Architektur) regt sich ein bisschen etwas: „Nachbarschaft entwickelt sich hier noch langsam. Ohne den Laden hätten wir weniger Kontakt“, sagt Klaus Huhle, Schauspieler, Bewohner und Miteigentümer des Wohnhauses an der Krakauer Straße direkt gegenüber von Grünfläche und Schule. „Eine ganz neue Wohnsiedlung fordert die Menschen natürlich heraus. Jeder startet bei null, jeder muss sich überlegen, wie er sich eine Nachbarschaft erschafft.“
Im Projekt, auf der Bühne
Aber Huhle ist da entspannt, denn er weiß, dass solche Prozesse der Annäherung und des Austauschs dauern können. Partizipative Wohnprojekte hat der gebürtige Dresdner schon vor Jahren kennengelernt und immer wieder dabei mitgewirkt. Zuletzt, bevor sie nach Wien kamen, hatten Huhle und seine Frau, die Cutterin und Filmemacherin Ulrike Kofler, in einem Weinort nahe Wiesbaden ein verfallenes Hotel wieder komplett aufgebaut und die Flächen mit einigen Familien geteilt. Dort wurde auch immer wieder gemeinsam gekocht, erzählt der Schauspieler.
Im Wohnprojekt Wien gibt es eine große Küche für alle im Parterre: „Hier wird jeden Tag gekocht, wer Lust hat, gemeinsam zu essen, trägt sich ein.“ Gemeinschaftlich sind auch andere Räume in dem hell und luftig gestalteten Gebäude nutzbar, ganz zuoberst befinden sich Gäste-Apartments, in denen die Hausbewohner gegen ein günstiges Entgelt ihre Besucher einquartieren können. Davor erstreckt sich ein Dachgarten mit einer Sauna, daneben befindet sich eine Bibliothek, in die man sich zurückziehen und seinen Blick bis weit in den Prater schweifen lassen kann. Gut bestückt sind die Regale mit Nachschlagewerken, Kunstbüchern und Literatur. Es scheint eine interessante Hausgemeinschaft zu sein, die hier als Verein agiert und das Haus zusammen – in kleinen Arbeitsgruppen unterteilt – verwaltet, gestaltet und bewirtschaftet. Momentan sei man noch in der Phase der Mängelbehebung, grinst Huhle. Wer in welcher der rund 40 unterschiedlich geschnittenen Wohnungen wohnt, habe nicht jeder für sich vorab bestimmt, sondern wurde gemeinsam ausgemacht.
Wenn er nicht gerade auf der Bühne steht – aktuell in „Einer flog über das Kuckucksnest“ bei den Festspielen Stockerau – oder sich in eines seiner künstlerischen, gesellschaftlichen Projekte vertieft, arbeitet er im Laden im Erdgeschoß des Wohnhauses. „In der Greißlerei sind wir neun Leute, die sich regelmäßig abwechseln“, sagt er, an die alte, schöne Budel gelehnt, die er bei willhaben gefunden hat.
Von der Widmung her ist dieser „Salon am Park“ ein kleiner Lebensmittelladen, aber man kommt auch, um draußen auf Liegestühlen zu sitzen, Kaffee zu trinken, eine Biomehlspeise zu essen und die Kinder im Auge zu behalten, wenn sie am Rand des Rudolf-Bednar-Parks herumsausen. Und zu schauen, wer denn vorbeispaziert. Abends hätte man gern länger geöffnet als bis um sieben Uhr, vor allem im Sommer. Und es wäre auch zu wünschen, dass sich mehr tut in den Erdgeschoßzonen der anderen Wohnanlage. Platz wäre ja dort für das eine oder andere Lokal oder kleine Geschäft. Aber es kann noch immer etwas wachsen, da ist sich Huhle sicher.