Rot-Weiß-Rot-Karte: Leichterer Zuzug für Akademiker

Studierende an der Uni Wien
Studierende an der Uni WienDie Presse
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Drei ÖVP-Minister unternehmen gemeinsam einen neuen Anlauf zur Senkung von Zugangshürden. Mehr hoch qualifizierte ausländische Uni-Absolventen sollen in Österreich bleiben.

Wien. Drei Jahre nach der Einführung der Rot-Weiß-Rot-Karte im Juli 2011, mit der gezielt Fach- und Spitzenkräfte sowie ausländische Wissenschaftler nach Österreich geholt werden sollen, verstärkt die ÖVP ihre Bemühungen, die Hürden für diese Art der Zuwanderung zu senken. Nachdem entsprechende Vorschläge bisher vom Koalitionspartner SPÖ abgeblockt wurden, wird es noch im Sommer einen Vorstoß von gleich drei ÖVP-Ministern geben, wie „Die Presse“ im Innenministerium erfahren hat: Die Hausherrin, Johanna Mikl-Leitner, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz sowie Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner werden wegen Erleichterungen für ausländische Bachelorabsolventen, wegen der Frist bei der Jobsuche nach Studienabschluss und wegen einer Senkung der Einkommenshürde bei Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vorstellig werden, der bisher auf der Bremse gestanden ist.

Die drei ÖVP-Minister bekommen Schützenhilfe von den Experten des Integrationsbeirats. Kurz legt heute, Montag, den neuen Bericht der Fachleute offiziell vor. Dieser beinhaltet auch Pläne für Verbesserungen, um speziell ausländische Uni-Absolventen aus Drittstaaten außerhalb der EU nach einem Studium in Österreich zu halten.

Welche Änderungen werden konkret von den ÖVP-Ministern bei der Rot-Weiß-Rot-Karte angestrebt? Im Büro von Mikl-Leitner wurden der „Presse“ drei Punkte genannt, die im Vordergrund stehen.


•Bachelorabsolventen: Künftig sollen die Hürden für die Zuwanderung insofern gesenkt werden, als auch Ausländer, die ein Bachelorstudium abgeschlossen haben, die Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten müssten.


•Niedrigere Einkommenshürde: Seit Längerem bemüht sich Minister Kurz um eine Senkung der Einkommensgrenze, die derzeit bei knapp unter 2000 Euro brutto im Monat liegt, als Voraussetzung für den Erhalt einer Rot-Weiß-Rot-Karte. Man wolle eine „moderate Anpassung der Einkommenshöhe“, heißt es nun im Innenressort. Auf eine genaue Zahl will man sich nicht festlegen, um Gespräche mit der SPÖ nicht zu erschweren. In der Vergangenheit war eine Senkung auf rund 1600 Euro diskutiert worden. Hundstorfer und der ÖGB haben dies mit der Begründung zurückgewiesen, dass es der Einstieg für ein Lohndumping bei allen Jungakademikern, also auch bei österreichischen, sei. Der Integrationsbeirat hält dem entgegen, dass es häufig auch nach dem Studium für Schlüsselkräfte keine Fixanstellung gebe, worauf bei der Bemessung Rücksicht genommen werden sollte.

•Längere Frist für Jobsuche: Nach einem Studienabschluss in Österreich müssten ausländische Absolventen mehr Zeit bekommen, eine Stelle auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu finden. Derzeit ist eine Frist von sechs Monaten vorgeschrieben. Bei Aussicht auf Anstellung etwa nach sieben Monaten ist die Möglichkeit auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte dahin. Auf welchen Zeitraum diese Frist verlängert werden soll, wird vorerst offengelassen.

Bisher nur 214 Bewilligungen

Die Unis selbst sind mit der Situation unzufrieden, die Wirtschaft macht schon länger Druck für einen einfacheren Zugang für ausländische Akademiker zum Arbeitsmarkt, der Expertenbeirat zur Integration legt seine Finger jetzt ebenfalls auf diesen Punkt: Tatsächlich erfolgte die Verteilung von Rot-Weiß-Rot-Karten an wissenschaftlich ausgebildete Ausländer bisher sehr eingeschränkt. Lediglich 214 derartige Genehmigungen wurden 2013 an ausländische Uni-Absolventen aus EU-Drittstaaten vergeben. Es hätte 1700 potenzielle Kandidaten gegeben.

Ein Ansturm auf die Mitte 2011 eingeführte Rot-Weiß-Rot-Karte ist generell ausgeblieben. 2013 wurden knapp 1200 Bewilligungen für Topkräfte aus dem Ausland ausgestellt. Die SPÖ begründet mit diesem geringen Zustrom, warum sie keine Notwendigkeit für Reformen bei der Zuwanderung mittels Rot-Weiß-Rot-Karte sieht. Der Großteil der Zuwanderer komme ohnehin aus anderen EU-Staaten. Wirtschaftsvertreter und Firmenbosse glauben hingegen, dass gut ausgebildete Zuwanderer aus dem Ausland durch den administrativen Aufwand bei der Rot-Weiß-Rot-Karte abgeschreckt würden.

AUF EINEN BLICK

Für Schlüsselkräfte,die auf dem heimischen Arbeitsmarkt gebraucht werden, wurde 2011 die Rot-Weiß-Rot-Karte eingeführt. Diese Karte, die nach bestimmten Kriterien vergeben wird, regelt jedoch nur einen kleinen Teil der gesamten Zuwanderung. 2013 wurden knapp 1200Rot-Weiß-Rot-Karten bewilligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2014)

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