Mehr politische Bildung in Schulen, Onlineforen mit Politikern oder mehr Gewicht für Vorzugsstimmen: Auch die Jungen machen sich Gedanken zur Demokratiereform. Die Chancen auf Realisierung sind eher gering.
Wien. Was hilft „Wählen ab 16“, wenn politische Mitbestimmung die Jugendlichen nicht interessiert? Gegenfrage: Was hilft es, das Wahlalter zu senken, wenn die Jungen doch nicht mitreden können? Die Jugendorganisationen der Parteien versuchen das zumindest – auch wenn sie in der realen Politik meist nur als Randnotiz vorkommen. Demonstrationen und polarisierende Sprüche sind da oft das einzige politische Engagement, mit dem Jugendorganisationen auffallen. Zudem stehen ihre Vertreter unter dem Generalverdacht, in erster Linie ein Sprungbrett für eine parteinahe Karriere zu suchen.
Die Schülervertretung ist oft die erste Spielwiese für Jungfunktionäre. Vorfeldorganisationen der Parteien wie die rote Aktion kritischer Schüler (AKS) und die schwarze Schülerunion matchen sich um die Posten in der Landes- und Bundesschülervertretung – wobei die Schülerunion aufgrund effizienter Organisation die dominierende Rolle spielt.
Die Ziele der Schülervertreter sind auf den Schulraum beschränkt. Wichtigstes Anliegen: Das Fach politische Bildung soll verpflichtend zumindest ab der siebenten Schulstufe angeboten werden. Bundesschulsprecherin Angi Groß (Schülerunion) wünscht sich darüber hinaus, dass politische Bildung in jedem Fach, in dem Politik eine Rolle spielt, auch als Schwerpunkt inkludiert wird. Der Bundesobmann der Schülerunion, Thomas Gaar, will die Kommunikation zwischen Jugendlichen und Politikern verbessern. Er fordert, dass die Politiker in Onlineforen Schülern Rede und Antwort stehen. AKS-Chefin Christina Götschhofer wünscht sich mehr aktive Demokratie in der Schule: Sie will, dass die Bundesschülervertretung direkt in den Klassen gewählt wird.
Reihung nach Vorzugsstimmen
Die Jugendorganisationen haben auch die Reform des politischen Systems im Fokus. So strebt die Junge ÖVP – mit 100.000 Mitgliedern die größte Jugendpartei-Organisation – eine Wahlrechtsreform an: Nicht die Parteilisten sollen entscheiden, welche Kandidaten in den Nationalrat kommen, sondern die Vorzugsstimmen. Außerdem fordert Generalsekretär Dominik Thauerböck die Einführung eines Transparenzgesetzes: „Wir wollen keine gläsernen Bürger, sondern einen gläsernen Staat.“
Diana Witzani, Sprecherin der Jungen Grünen, propagiert eine andere Idee: Sie fordert die Kürzung der Parteienförderung um 75 Prozent und eine Umstrukturierung, damit Jugendliche ernst genommen werden.
Auch die Sozialistische Jugend ist überzeugt, dass sich im Bereich Demokratie etwas ändern muss. „Die Jugendlichen brauchen mehr Möglichkeiten, in Bereichen, die sie betreffen, gehört zu werden“, meint die Vorsitzende Julia Herr.
Die Beziehung zwischen den Jung- und den Altparteien verläuft nicht immer reibungslos. Die Jungen Grünen wurden für ihre Aussagen im Zuge des Akademikerballes beinahe aus der Partei ausgeschlossen. Und die Sozialistische Jugend findet fast nur kritische Worte gegenüber der Parteiführung (was auch umgekehrt der Fall ist). Selbst die JVP, die seit dem steilen Aufstieg ihres Obmanns Sebastian Kurz deutlich an Gewicht gewonnen hat, musste akzeptieren, dass ihr Demokratieprogramm auf die lange Bank geschoben wurde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)