Von Lachverbot bis Gebärgebot
Von Lachverbot bis Gebärgebot: Die Welt von Erdogans AKP
Der türkische Vizepremier machte kürzlich mit der Forderung Schlagzeilen, Frauen sollten in der Öffentlichkeit nicht lachen. Es war nicht der erste merkwürdige Vorstoß aus den Reihen der islamisch-konservativen AKP.

Lachen ist gesund, heißt es. Allerdings nicht für türkische Frauen, beschied kürzlich Vizepremier Bülent Arinc. Würden Frauen in der Öffentlichkeit lachen, dann vertrage sich das nämlich ebenso wenig mit dem Wert der Tugendhaftigkeit wie die Zurschaustellung weiblicher Reize. Die Reaktion vieler türkischer Frauen: Gelächter. Bilder davon wurden massenhaft über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet.
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Und weil er schon einmal dabei war, hat Bülent Arinc den türkischen Frauen auch gleich empfohlen, doch bitte das Telefonieren in der Öffentlichkeit bleiben zu lassen. Bei "stundenlangen" Gesprächen am Handy würden ohnehin nur Kochrezepte ausgetauscht und Klatschgeschichten erzählt. Diese Themen solle man sich besser für persönliche Treffen aufsparen.
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Auch die Kreditkarte findet keine Gnade mehr. "Lasst die Finger von diesen Kreditkarten", forderte Premier Erdogan im Juli 2013 die Türken auf. Die Zeche würden die Armen zahlen, die nach Kreditkarten gierten, um anzugeben, aber noch vor Monatsende stünden sie dann ohne Geld da: "Wir müssen diesem Spiel ein Ende setzen."
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Premier Recep Tayyip Erdogan kümmert sich gerne um Detailfragen. Etwa darum, wie viele Kinder eine gute türkische Familie haben sollte: drei nämlich. Der Premier im Originalton: "Macht mindestens drei Kinder, wenn unsere junge Bevölkerung nicht zurückgehen soll." Erdogan selbst ist schon mal mit gutem Beispiel vorangegangen: Mit seiner Frau Emine hat er vier Kinder in die Welt gesetzt. Er sagt, er hätte aber gerne mehr.
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Ehrendoktor Erdogan (siehe Bild) machte sich 2013 ernsthaf Sorgen um die Moral der Studierenden: "Studentinnen und Studenten können nicht in einem Haus wohnen, das widerspricht unseren konservativ-demokratischen Strukturen", sagte er bei einer Parteiveranstaltung - und kündigte an, "auf die eine oder andere Weise" die gemischten Studentenheime zu überwachen.
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Wenig gefallen fand der türkische Premier auch an der so beliebten TV-Serie über Sultan Suleyman den Prächtigen - wegen grober Geschichtsverfälschung, wie Erdogan meint: Der Sultan habe 30 Jahre seines Lebens auf dem Pferderücken verbracht und sich nicht, wie in der Serie dargestellt, die halbe Zeit im Sultanspalast und im Harem herumgetrieben: "Einen solchen Sultan hat es nicht gegeben." Er verurteile die Regisseure dieser Serie und erwarte von den Gerichten, die nötigen Urteile.
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Im Mai 2013 kam es für die Regierung völlig überraschend zu Protesten wegen eines ungeliebten Neubauprojektes, dem der beliebte Gezipark - ein grüner Zufluchtsort im Zentrum der Stadt - zum Opfer gefallen wäre. Die Regierung ließ die Proteste brutal niederknüppeln, und hatte bald auch mehrere Schuldige ausgemacht. Unter anderem eine "Zinslobby", die auf eine Schwächung der türkischen Wirtschaft setze.
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Neben der Zinslobby gab es freilich noch einen weiteren Verdächtigen: die deutsche Lufthansa. Wie Yigit Bulut, damals noch Journalist, wenig später aber bereits Berater von Erdogan meinte: Seit Monaten mache die Lufthansa Druck, dass der dritte Flughafen in Istanbul nicht gebaut werde. Weil die Demonstranten rund um den Gezi-Park auch gegen den Flughafen protestierten, sei klar, dass sie aus Deutschland angestachelt würden. Ganz logisch.
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Und noch einmal Yigit Bulut in seiner Funktion als Experte für Verschwörungstheorien: Er wittert ein umfassendes Komplott mit dem Ziel, Premier Erdogan durch Telepathie zu töten: "Ich bin mir sicher, dass an vielen Orten unablässig daran gearbeitet wird, Recep Tayyip Erdogan per Telepathie, also durch Ferneinwirkung, und durch andere Methoden zu töten.“
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