London: Vizepremier will Israel keine Waffen mehr liefern

Israel-kritisch: Der britische Vizepremier Nick Clegg von den Liberaldemokraten
Israel-kritisch: Der britische Vizepremier Nick Clegg von den LiberaldemokratenREUTERS
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Liberaldemokrat Nick Clegg meint, die israelische Regierung habe im Gazakonflikt eine Grenze überschritten.

In Europa mehrt sich in der Folge des jüngsten Gazakrieges die Kritik an Israel. Am bisher weitesten wagte sich nun der britische Vizepremier Nick Clegg von den Liberaldemokraten hervor: Er hat einen Stopp britischer Waffenlieferungen an Israel gefordert. Jerusalem habe im Gaza-Konflikt „eine Grenze überschritten".

Sein liberaldemokratischer Parteifreund, Wirtschaftsminister Vince Cable, erklärte am Dienstagabend, innerhalb der Koalitionsregierung mit den Konservativen gebe es dazu allerdings noch keine Einigung. Er erwarte diese aber bald. Die Haltung der Liberaldemokraten erhöht den Druck auf Premier David Cameron, seine Position im Gaza-Konflikt zu überdenken. Nach Angaben aus Downing Street 10, dem Sitz des Premiers, wird die Frage der Waffenlieferungen an Israel derzeit überprüft. Die Liberaldemokraten wollen vor allem die Lizenzen für Waffen einfrieren, die im Gaza-Krieg eingesetzt werden.

Außenstaatssekretärin trat bereits zurück

Erst am Dienstag war Außenstaatssekretärin Sayeeda Warsi zurückgetreten. Sie erklärte, die Politik der britischen Regierung in der Gaza-Frage sei „moralisch nicht zu verteidigen". Bei dem Waffengang starben bisher nach palästinensischen Angaben 1867 Menschen im Gazastreifen, die meisten Zivilisten. Auf israelischer Seite waren 67 Todesopfer zu beklagen, drei davon Zivilisten, der Rest Soldaten.

Indirekte Verhandlungen in Kairo gestartet

In Kairo haben derweil indirekte Verhandlungen zwischen Israel und den radikal-islamischen Gruppen Hamas und Islamischer Jihad über eine dauerhafte Waffenruhe begonnen. Die Verhandlungen wurden durch eine dreitägige Feuerpause ermöglicht, die am Dienstag in der Früh begonnen hatte. Entgegen früheren, gescheiterten Versuchen, die Waffen für kurze Zeit schweigen zu lassen, hielt die Abmachung diesmal, und die rund 1,8 Millionen Einwohner des Gazastreifens erlebten die erste ruhige Nacht seit Beginn der israelischen Angriffe am 8. Juli.

„Es ist zu früh, um über Resultate zu sprechen, aber wir sind zuversichtlich", sagte ein ägyptischer Regierungsmitarbeiter. Beide Seiten verhandeln nicht direkt miteinander in einem Raum, sondern lassen ihre Positionen von ägyptischen Vermittlern überbringen.

Israel lehnt Aufhebung der Blockade ab

„Die entscheidende Frage ist für uns die Entmilitarisierung", sagte ein Sprecher von Israels Premier Benjamin Netanjahu: „Man muss die Hamas davon abhalten, sich wiederzubewaffnen." Dies lehnt die Hamas entschieden ab. Umgekehrt sind die von den Islamisten bislang erhobenen Forderungen nach einem Ende der Blockade des Gazastreifens sowie die Freilassung inhaftierter Gefolgsleute für Israel inakzeptabel. Israel möchte allerdings rasch humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zulassen.

(APA/DPA/Reuters)

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