Ex-Telekom-Vorstand droht Klage

Ex-Finanzvorstand Hans Tschuden
Ex-Finanzvorstand Hans TschudenAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Vize-Aufsichtsratschef Pecik prüft Rechtsschritte gegen den vorzeitig abgelösten Finanzvorstand Tschuden wegen Untreue. Er habe den Konzern geschädigt.

Wien. Am Montag, den 23. Juni, wurde Telekom-Aufsichtsrats-Vizepräsident Ronny Pecik jäh aus seiner Sommerferien-Stimmung gerissen. Man habe ein Problem, ließ ihn der gerade neu installierte Konzern-Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer wissen. Und zwar ein größeres: Gestiegene Kapitalkosten für die bulgarische Tochter Mobiltel und deutlich schlechtere Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung machten eine massive Wertberichtigung notwendig. Der Rest ist bekannt: Der eiligst zusammengetrommelte Aufsichtsrat beschloss eine Wertberichtigung über 400 Mio. Euro und setzte eine Gewinnwarnung ab.

Das Bulgarien-Debakel, das die Telekom tief in die Verlustzone drückt und das Eigenkapital mindert, wird auch für heftige Diskussionen in der Aufsichtsratssitzung am 12. August und zwei Tage später bei der außerordentlichen Hauptversammlung sorgen. Es könnte aber auch ein rechtliches Nachspiel geben - für den Ende Mai vorzeitig abgelösten Finanzvorstand Hans Tschuden. Ihm droht, wie die „Presse" erfuhr, eine Klage wegen Untreue.

Zu optimistisch gehandelt?

Der Vorwurf: Die Krise in Bulgarien sei nicht erst jetzt evident geworden, dort knirsche es schon seit einigen Jahren. Ergo hätte die Mobiltel, die einst um 1,6 Mrd. Euro gekauft worden ist und Ende 2013 noch mit 1,2 Mrd. Euro in den Büchern der Telekom stand, schon in den letzten Jahren schrittweise abgeschrieben werden müssen. Tschuden sei - allerdings mit Rückhalt der Wirtschaftsprüfer - zu optimistisch vorgegangen und habe so den Konzern - und damit die Aktionäre - geschädigt.
Als treibende Kraft hinter der Klage soll Pecik stehen. Er vertritt den Telekom-Mehrheitsaktionär America Móvil (Amex) im Aufsichtsrat und hat die Mehrheit der von Amex gestellten Kapitalvertreter auf seiner Seite. Pecik will zu der Klage gegenüber der „Presse" „keinen Kommentar" abgeben.

Tschuden wiederum betont, man habe alljährlich ein Impairment (die nach den Bilanzierungsregeln IFRS vorgeschriebene Überprüfung der Werthaltigkeit von Anlagen und Beteiligungen, Anm.) durchgeführt. Es habe weder für 2013 und schon gar nicht die Jahre davor einen Wertberichtigungsbedarf gegeben. „Ich sehe die Sache entspannt", sagt er zur „Presse".
Pecik, der mit dem Verkauf seines Aktienpakets an Amex-Eigentümer Carlos Slim den Einstieg der Mexikaner ermöglicht hat, kritisiert Tschuden seit Langem. Das betrifft die früher gezahlten hohen Dividenden, die die Finanzkraft der Telekom ausdünnten. Nicht nur bei Pecik, sondern auch bei anderen Aufsichtsräten kam Tschuden mit einem verlustreichen Swap-Geschäft im Volumen von 65 Mio. Euro - und vor allem der dürftigen Information darüber - unter Beschuss. Tschuden hat noch im Februar gemeint, dass der Konzern keinen Finanzbedarf habe und eine Kapitalerhöhung (die jetzt im Volumen von einer Mrd. Euro beschlossen wird, Anm.) nur bei großen Projekten brauche. Angesichts des Umstands, dass die Telekom eine Mrd. Euro für Funkfrequenzen zahlen musste und das Eigenkapital ohne Hybridanleihe nur bei rund fünf Prozent liege, wird dies als kühne Aussage gewertet.

Dazu meint Pecik: „Natürlich macht mich die finanzielle Situation alles andere denn glücklich." Jetzt gelte es, einen Schritt nach dem anderen zu setzen: nach der Hauptversammlung die Kapitalerhöhung und schließlich die Restrukturierung. Pecik hat mit einem Schreiben an Regierungsvertreter, in dem er den Zustand der Telekom als „Todesspirale" beschrieb, für Aufregung gesorgt.

Rückendeckung von der ÖIAG

Rückendeckung für ein rechtliches Vorgehen dürfte Pecik vom neuen ÖIAG-Aufsichtsratschef Siegfried Wolf erhalten. Dieser hatte gleich nach seiner Wahl gemeint, er sehe „erheblichen Aufklärungsbedarf" in der Bulgarien-Causa. Wolf erinnerte daran, dass nicht nur Tschuden, sondern der gesamte Vorstand verantwortlich sei.

Wegen Bulgarien untersucht auch die Finanzmarktaufsicht (die „Presse" berichtete exklusiv). Es geht um eine mögliche Verletzung der Ad-hoc-Pflicht.

("Die Presse", Printausgabe vom 7.8.2014)

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