Wiener AKH: Drei Anklagen im Vergabeskandal

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Vier Jahre wurde ermittelt. Nun wirft die Korruptionsstaatsanwaltschaft drei (Ex-)Beamten Untreue, Betrug, Erpressung vor. Das Verfahren gegen die Firma wurde eingestellt.

Wien. Seit 2010 durchleuchtet die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) merkwürdige Vorgänge im Zuge von Ausschreibungen zur Vergabe von Personaldienstleistungen (Reinigung, Pflegehelfer etc.) im Wiener AKH. Die Vertragssumme der Aufträge beläuft sich auf über 50 Mio. Euro. Nach vier Jahren Ermittlungen, tausenden Seiten Aktenmaterial und zahlreichen Medienberichten ist nun eine Entscheidung gefallen: Der verantwortliche Staatsanwalt hat dem Straflandesgericht eine Anklageschrift mit letztendlich drei Beschuldigten übermittelt.

Alle drei sind (ehemalige) Beamte der Stadt, alle drei sollen letztendlich dafür verantwortlich gewesen sein, dass der inzwischen vom Spital gekündigte Personaldienstleister AGO den Zuschlag in zwei Vergabeverfahren (2009 und 2004) bekommen hat. Die Vorwürfe wiegen schwer.

Die WKStA, die für die Ermittlungen vom Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung (BAK) unterstützt worden ist, geht von den Delikten Untreue, versuchtem Betrug und schwerer Erpressung aus. Obwohl die Schadenshöhe heute nicht mehr berechenbar ist (AGO wurde inzwischen gekündigt, der mutmaßlich unrechtmäßig zustande gekommene Rahmenvertrag von über 1000 Angestellten deshalb nicht komplett abgerufen), gehen die Ankläger „von einem Vielfachen von 50.000 Euro“ aus. Allein der versuchte Betrug hätte ein theoretisches Schadensmaß von über zwei Millionen Euro verursacht. Den Angeklagten drohen zwischen einem und zehn Jahren Haft.

Bemerkenswert an dieser Entwicklung des Falls ist, dass aus Sicht der Behörden gegen die Profiteure nichts übrig geblieben ist, was in irgendeiner Weise strafrechtlich relevant ist. Sämtliche Vorwürfe gegen AGO (steht für Akademischer Gästedienst Österreich) und seinen – ebenfalls ehemaligen – Geschäftsführer und Miteigentümer wurden fallen gelassen. Bis heute konnten die Ermittler keine Geldflüsse aus dem Umfeld von AGO in Richtung der nun Angeklagten nachweisen. Das Unternehmen und seine Führungskräfte gehen damit formal unbescholten aus dem Verfahren. Ob der folgende Prozess Licht in die Motivlage der drei Männer bringt, ist wenig wahrscheinlich.

Champagnerpartys und Poker

Indizien für ein Naheverhältnis zwischen den Beamten und der Firma AGO gab es dennoch zuhauf. So erinnerte sich die Exfrau des Geschäftsführers in einer Aussage unter Wahrheitspflicht daran, dass der ranghöchste der Angeklagten „bei einer Champagnerparty“ am Firmensitz aufgetreten sein soll, um die „bevorstehende Auftragserteilung“ zu begießen. Ihr Exmann habe den Beamten damals vor Publikum gelobt und angekündigt, dass dieser nach seiner Pensionierung als Konsulent oder stiller Teilhaber am Unternehmen beteiligt werde. Seitens AGO wurde diese Party stets dementiert. Das Naheverhältnis zwischen dem Firmenchef und dem leitenden Beamten ging noch tiefer. Der AKH-Mann trat bei der mondänen Geburtstagsfeier des Unternehmers im Kursalon Hübner als Laudator auf. Das Video liegt der der „Presse“ vor. Das Unternehmen kümmerte sich aber auch um die Untergebenen des Spitzenbeamten B. Der mitangeklagte H. etwa erschien regelmäßig bei Pokerabenden am AGO-Firmensitz. Als Spielpartner trat gleich die (damalige) Dreiergeschäftsführung an. Alles vor der Auftragsvergabe. Danach besuchte man gemeinsam das Casino. Zitat aus einem internen Rundmail: „Liebe Freunde des gepflegten Pokerspiels! Nach den letzten glorreichen Pokerrunden in den Hallen des AGO treibt es uns in die professionelle Umgebung des Montesino Wien.“

Zentraler Angelpunkt für die Anklage sind jedoch die Tonbandaufzeichnungen eines unterlegenen Mitbieters. Sie belegen eindrucksvoll, wie dieser von den Beamten dazu gedrängt wurde, sein offensichtlich besseres Angebot sowie eine spätere Beschwerde beim Vergabekontrollsenat der Stadt Wien zurückzuziehen. Tue er das nicht, würde er im AKH keine Aufträge mehr bekommen.

Neben AGO gehen auch AKH-Direktor Reinhard Krepler und seine aktuelle Verwaltungsdirektorin unbelastet aus dem Verfahren. Alle Verdachtsmomente wurden fallen gelassen. Wann der Prozess stattfindet, ist noch nicht klar. Die Anklagen sind nicht rechtsgültig, derzeit läuft für die Betroffenen eine zweiwöchige Einspruchsfrist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2014)

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