Studie: „Unsere Solaranlagen sind zu groß“

(c) EPA (Morell)
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Das Fördersystem begünstigt den Bau überdimensionierter Solaranlagen, sagt Friedrich Kapusta. Der Umstieg auf Investitionsförderung soll Geld sparen und mehr Kleinanlagen bringen.

Wien. Das Dilemma ist bekannt: Jedes Jahr zu Neujahr opfern tausende Österreicher ihre Feiertage, um eine der lukrativen Förderungen für ihre Solaranlagen zu ergattern. Wie immer ist der Topf binnen Sekunden geleert, wie immer bleiben viele auf der Strecke und investieren nicht.

Schuld daran ist auch das bisherige Fördersystem, sagt Friedrich Kapusta, Chef des Energieinstituts der Wirtschaft zur „Presse“. „Derzeit optimieren wir nur unsere vorhandenen Dachflächen.“ Da Anlagen ab einer Leistung von fünf Kilowatt (kW) 13 Jahre lang mit fixen Einspeisetarifen deutlich über dem Strompreis subventioniert werden, ist der Anreiz groß, möglichst viel Solarstrom zu erzeugen – ganz egal, ob er gerade gebraucht wird oder nicht. Jeder, der eine Förderung bekommt, baut sich deshalb eine Anlage, die so groß ist, wie es das Dach eben erlaubt.

In zehn Jahren rentabel

Dass damit auch die Netze zunehmend instabil werden, sodass manche Netzbetreiber zwischenzeitlich bereits Solaranlagen zwangsweise abschalten müssen, ist ein vergleichsweise neues Problem. Kapusta suchte im Auftrag des heimischen Energieregulators E-Control und der Wirtschaftskammer Österreich nach einer Lösung.

Das Ergebnis: Ja, man kann es besser machen. Und man kann damit sogar noch Geld sparen. Der Energieexperte schlägt vor, dass der Staat bei Fotovoltaikanlagen in Gewerbe und Industrie (ab fünf kW) auf jegliche Einspeisetarife verzichtet. Es sei sinnlos, die Einspeisung ins Netz zu fördern, wenn man gleichzeitig viel Geld dafür ausgeben müsse, das Netz wieder zu stabilisieren, sagt er. Stattdessen solle die Republik den Bau „richtig dimensionierter“ Solaranlagen fördern. Maximal 20 bis 30 Prozent der Investitionssumme solle der Staat den Unternehmen zuschießen, wenn sie eine Solaranlage bauen wollen. Zusammen mit dem Preisverfall der Module (minus 50 Prozent in fünf Jahren) rechneten sich diese Anlagen in weniger als zehn Jahren. Aber nur dann, wenn die Unternehmen 60 bis 80 Prozent des erzeugten Solarstroms auch tatsächlich selbst verbrauchten.

Förderkosten sinken stark

Davon sind die heimischen Betriebe heute weit entfernt. „Derzeit haben die Unternehmen einen Eigenverbrauch von 20 bis 30 Prozent“, schätzt Kapusta. Durch die großzügigen Einspeisetarife seien überdimensionierte Anlagen rentabel geworden. Er rechnet damit, dass mit seinem Modell deutlich mehr Anlagen an den besten Standorten gebaut würden. Da sie aber erst durch den hohen Ausnutzungsgrad rentabel würden, müssten die Unternehmen eben deutlich kleinere Anlagen bauen.

Angesichts steigender Stromkosten ist es für viele Unternehmen schon heute wirtschaftlich immer attraktiver, den Strom aus richtig dimensionierten PV-Anlagen selbst zu verbrauchen, als die Elektrizität aus dem Netz zu beziehen. In manchen Bundesländern lägen die Erzeugungskosten von Solarstrom zum Eigenverbrauch mit acht bis 14 Cent pro Kilowattstunde schon heute unter den verbrauchsabhängigen Kosten (Arbeitspreis, Netzgebühr, Steuern etc.) für Strom aus dem öffentlichen Netz.

Aber nicht nur die Unternehmen, auch die Republik Österreich könnte sich mit einer Umstellung auf Investitionsförderungen viel Geld sparen, ist Kapusta überzeugt. Die Regierung hat in ihrem Arbeitsprogramm bis 2018 eine Reform des Ökostromgesetzes vorgesehen. Kein Wunder, dass das zuständige Wirtschaftsministerium schon Interesse am Vorschlag bekundet hat. Schließlich „kosten“ die 2014 genehmigten PV-Anlagen (ab fünf kW) unter dem derzeitigen Förderregime über die nächsten 13 Jahre in Summe 103,82 Millionen Euro an öffentlichem Geld. Eine Investitionsförderung von 30 Prozent würde – je nach Preis der Anlage – Subventionen in Höhe von 25,85 bis 45,24 Millionen Euro notwendig machen. Die Förderkosten könnten um 44 bis 75 Prozent gesenkt werden, ohne, dass nur eine Solaranlage weniger gebaut werden würde.

Auf einen Blick

Das Energieinstitut der Wirtschaft fordert ein Ende der staatlichen Einspeisetarife für Solaranlagen in Industrie und Gewerbe. Die Anlagen würden sich bei 30 Prozent Investitionsförderung und einem höheren Eigenverbrauch rasch rechnen. Zudem würden neue PV-Anlagen auf das „wirtschaftlich optimale Maß“ geschrumpft und die Netze entlastet, heißt es in einer Studie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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