Steuern zahlen? Dann lieber nicht mehr US-Bürger sein

Brennender US-Pass
Brennender US-PassEPA
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Subtext. Seit Schweizer Banken die Kontodaten an die amerikanische Finanz übermitteln müssen, verlieren die USA Staatsbürger.

Die Rechnung ist recht einfach: Ein Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft kostet 110 Euro. Dazu kommen Bundesgebühren, gestaffelt nach dem Anlass für die Einbürgerung zwischen 217,10 und 976,80 Euro. Natürlich wollen auch die Länder einen Anteil haben, in Niederösterreich beträgt er beispielsweise für Einkommen von mehr als 17.000 Euro netto im Jahr stolze 1001 Euro.

Im schlimmsten Fall kostet eine österreichische Staatsbürgerschaft (so man die Voraussetzungen erfüllt) also 2087,80 Euro. Nicht so tragisch wenn man ein hohes, nicht unbedingt versteuertes Vermögen hat, weil mit der Staatsbürgerschaft auch ein striktes Bankgeheimnis einhergeht. Auch wenn die Finanzbehörden in Österreich ab 2017 ungehinderten Zugriff auf die Kontodaten aller Ausländer haben, bei österreichischen Staatsbürgern ist Schluss: Nur die berühmte Oma weiß weiterhin, was auf ihrem Sparbücherl liegt.

Man sollte vielleicht damit werben, weil sich in der Schweiz eine interessante Entwicklung abzeichnet: US-Bürger, deren Kontodaten die eidgenössischen Banken seit 1. Juli an die amerikanischen Finanzbehörden übermitteln müssen, geben reihenweise ihre Staatsbürgerschaft zurück. Allein heuer waren es bis Juni 1577 Personen - so viele wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1998.

Anlass für die Heimatflucht ist Facta, der Foreign Account Tax Compliance Act, den auch Österreich unterzeichnet hat. Die Länder verpflichten sich darin, der US-Steuerbehörde alle Kontounterlagen amerikanischer Staatsbürger zu übermitteln - egal, ob sie in den USA leben oder nicht. Damit soll das letzte Schlupfloch für Steuerhinterzieher geschlossen werden, die es in der Vergangenheit vor allem in die Schweiz gezogen hat. Die dortigen Banken garantierten jahrzehntelang Verschwiegenheit.

Doch dann machten die USA Druck, 2009 musste UBS 780 Millionen Dollar Strafe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bezahlen. Um ähnliche Strafen zu vermeiden, haben 106 Schweizer Banken das Abkommen umgesetzt, mit dem sie sich zur „freiwilligen" Übermittlung der Kontodaten verpflichten. US-Kunden, die ihre Gelder vor der Finanz geheimhalten wollen, müssen also entweder das Geld abheben - oder eben ihre Staatsbürgerschaft zurückgeben.

Und genau das passiert derzeit gehäuft, in erster Linie bei US-Bürgern mit einer doppelten Staatsbürgerschaft (Schweiz oder EU). Seit 2009 verloren die USA etwa 9000 Staatsbürger, allein im zweiten Quartal 2014 waren es knapp 600.

Auch Österreich scheint von der Staatsbürgerschaftsflucht zu profitieren, wie Zahlen der Statistik Austria zeigen: Seit 2009 stieg die Zahl der eingebürgerten US-Amerikaner um 60 Prozent. Reich wird der Finanzminister mit den Gebühren freilich nicht: In absoluten Zahlen kletterten die Einbürgerungen von 13 (2010) auf 21 im vergangenen Jahr.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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