Athen 2004: Ruinen, Schulden, Streit – Olympia als Mahnmal

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Vor genau zehn Jahren starteten die Spiele in Griechenland. Sie kosteten zehn Milliarden Euro, offizielle Daten gibt es aber nicht. Von diesem Investment ist wenig übrig, manche Stadien wurden nie fertig oder verrotten jetzt.

Wien/Athen. Österreichs Erinnerungen an die Spiele 2004 sind frisch. Die Segler Hagara/Steinacher und Triathletin Kate Allen gewannen Gold, Markus Rogan zweimal Silber – insgesamt waren es sieben Medaillen. Athen, die Olympiastadt, strahlte trotz Smogs, Verkehr und brütender Hitze im August. Es herrschte Begeisterung, die Skepsis bezüglich unfertiger Sportstätten, hoher Kosten oder lascher Mentalität der Gastgeber war verschwunden. Es waren ereignisreiche, aus österreichischer Sicht wunderbare Spiele.

Nun, zehn Jahre später, ist von diesem Glanz nichts mehr übrig. Olympia hat schwerwiegende Folgen für das Land, für Athen. Schwimmbäder rund um das Olympiastadion sind leer, auf der Anlage der Beachvolleyballer in Faliron wachsen Sträucher, der Wildwasserkanal ist ausgetrocknet – das Gros der für zehn Milliarden Euro gebauten Sportstätten verrottet.



Griechenland hat weder das Geld für die Instandhaltung noch den Bedarf daran. Olympia ist nur noch eine Belastung der Vergangenheit. Und, in Hellas war es so üblich, es gibt für all das keine Rechnung. Vieles wurde unter der Hand verhandelt, dreistellige Millionenbeträge für unvollendete Bauaufträge nie refundiert. Die tatsächlichen Ausgaben wurden nie veröffentlicht – es sollen weitaus mehr als zehn Milliarden Euro gewesen sein. Aus Sorge, Stadien könnten nicht fertig werden, wurde auf Ausschreibungen verzichtet. Beamte vergaben Aufträge direkt und „Finanzexperten“ lösten die Probleme mit einer neuen Verschuldung und führten das Land damit an den Rand des Bankrotts.

Stadion ohne Baugenehmigung

Was aber ist geblieben von Olympia für die Stadt, die Klubs? Eine Schnellbahn verbindet Flughafen und Stadtzentrum, es gibt eine Straßenbahn entlang der Küste, die U-Bahn-Verbindung läuft reibungslos. AEK Athen kickt im Olympiastadion, die Basketballer von Panathinaikos spielen in der Arena. Aus dem Pressezentrum wurde ein Shoppingcenter, im anderen Trakt logiert der Erziehungsminister.

An die Idee, unnütze Baseballstadien am alten Airport in das größte Erlebniszentrum des Mittelmeerraums zu verwandeln, glaubt niemand. Wer soll es bezahlen? Geld, das gab es schon damals und jetzt erst recht nicht. Aus diesem Grund ist der Verfall des Olympiastadions gewiss. Es darf nicht renoviert werden, für die Dachkonstruktion gab es nie eine Baugenehmigung. Das gab Stadionchef Petros Galaktopoulos im griechischen TV zu.

Die damalige Chefin des Organisationskomitees, Reederin und Politikerin Gianna Angelopoulos, will nun wissen, was tatsächlich passiert ist und hat beim Institut für Ökonomische und Industrielle Forschung eine Studie über die Bilanz der Spiele in Auftrag gegeben. Viele Griechen sehen darin nur den plumpen Versuch, sich ein Jahrzehnt später reinzuwaschen.

Viele Medien, die damals das Event im Land des Fußball-Europameisters in höchsten Tönen stolz begleitet hatten, spekulieren nun darüber, was man denn mit all dem großteils verschwundenen Geld hätte anfangen können. Hellas wäre vielleicht nie in die Finanzkrise geschlittert. Es gäbe weiterhin die rechnungsbefreite Gesellschaft – „es wäre alles so geblieben, wie es immer war. Damals hatten wir an den Traum geglaubt“, schrieb die Zeitung „Kathimerini“.

Athen steht mit diesem Schicksal nicht allein da. Viele Austragungsorte plagt der Ruin als Folge von Olympia. Aus dieser Sicht ist es nicht verwunderlich, dass für 2020 Citys sonder Zahl dankend abwinken. Dafür sind Athens Ruinen jedenfalls brauchbar – sie dienen der Nachwelt als Mahnmal. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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