Banken: Schutzsystem für Spareinlagen stößt an seine Grenzen

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Wie in Bulgarien würde auch in Österreich der neue Spareinlagen-Fonds im Krisenfall zu wenig Geld haben.

Wien. In Bulgarien machen Sparbuchbesitzer gerade eine bittere Erfahrung: Die Einlagensicherung hat zu wenig Geld, um die gesetzlich garantierten Kundenguthaben der Corpbank auszuzahlen. Bulgarien ist Mitglied der Europäischen Union. Wie in Österreich sind dort Kundeneinlagen von bis zu 100.000 Euro pro Institut und Person abgesichert. Vor Kurzem geriet die Corpbank in eine Schieflage.

Doch die bulgarische Einlagensicherung verfügt nur über 1,05 Milliarden Euro. Für die Kunden der Corpbank bräuchte sie 1,8 Milliarden Euro. Auch in Österreich würde die Einlagensicherung bei einer Pleite von Großbanken schnell an ihre Grenzen stoßen.

Dabei hat die EU eine Reform des Schutzsystems für Spareinlagen angeordnet, um für künftige Finanzkrisen besser gewappnet zu sein. In Österreich müssen die neuen Vorgaben bis Sommer 2015 umgesetzt werden. Demnach sind die Banken verpflichtet, einen 1,5 Milliarden Euro schweren Sicherungsfonds zu gründen. Für den Aufbau haben die Banken länger Zeit. Sie können zehn Jahre lang 150 Millionen Euro pro Jahr in den Fonds einzahlen.

Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein

Selbst wenn im Jahr 2025 der Fonds zu 100 Prozent gefüllt sein wird, handelt es sich hier nur um eine symbolische Beruhigungspille. Schließlich wird das Volumen aller gesicherten Einlagen in Österreich auf 180 bis 190 Milliarden Euro geschätzt. Personen, die mehr als 100.000 Euro besitzen, haben ihr Guthaben vorsichtshalber auf mehrere Banken aufgeteilt.

Selbst wenn in Österreich nur ein einziges großes Institut in Probleme gerät, kann der neue Sicherungsfonds unmöglich alle Sparer entschädigen. Was passiert, wenn die Fondsgelder von 1,5 Milliarden Euro aufgebraucht sind? Das ist unklar. In der EU-Richtlinie heißt es dazu nur vage, dass die Banken den Rest über andere Finanzierungsformen aufbringen müssen. In Österreich zerbrechen sich die Finanzexperten die Köpfe, wie das bewerkstelligt werden soll. Derzeit haben die Banken die Möglichkeit, dass sie den noch fehlenden Betrag auf dem Geld- oder Kapitalmarkt aufnehmen können. Dafür kann der Staat eine Garantie übernehmen.

In der neuen EU-Richtlinie steht allerdings nichts von einer Staatsgarantie. Die EU will, dass die Banken allein für alle Kundenforderungen geradestehen. Doch das dürfte ein frommer Wunsch bleiben. Im Krisenfall wird auch künftig der Steuerzahler einspringen müssen. Doch die Hilfe des Staates ist begrenzt. Geraten im Falle einer neuerlichen Finanzkrise gleich mehrere Banken in eine Schieflage, kann der Staat unmöglich alle Sparer entschädigen.

Bei Großbanken schon jetzt überfordert

Faktum ist, dass die österreichische Einlagensicherung schon jetzt nicht funktioniert. Sie hat sich nur bei der Pleite von sehr kleinen Banken bewährt – wie der Diskont-Bank, der Riegerbank und der Grazer BHI. Bei Großbanken ist das Schutzsystem überfordert. Das wurde bei den Rettungsaktionen für die Hypo Alpe Adria und das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG deutlich.

Nun arbeiten Vertreter der Banken, der Finanzaufsicht und des Finanzministeriums an einem neuen Gesetz, mit dem die Einlagensicherung an die neue EU-Richtlinie angepasst werden soll. Ursprünglich gab es Pläne, einen einzigen nationalen Sicherungsfonds zu gründen. Doch hier regt sich Widerstand. Dem Vernehmen nach wollen Raiffeisen und Sparkassen das derzeitige System, das in fünf Sektoren aufgeteilt wird, beibehalten. Das würde bedeuten, dass es weiterhin fünf verschiedene Sicherungssysteme gibt: für Raiffeisen, für die Sparkassen, für die Hypobanken, für die Volksbanken und für alle anderen Institute. Die fünf Systeme müssten aber eng kooperieren und in Summe die von der EU geforderten 1,5 Milliarden Euro aufbringen.

Dann gibt es noch eine Reihe von anderen Problemen: Die EU verlangt beispielsweise, dass nur Sparbücher, deren Inhaber der Bank bekannt sind, abgesichert sind. Doch in Österreich gibt es noch viele alte anonyme Sparbücher. Konsumentenschützer bestehen darauf, dass auch diese unter die 100.000-Euro-Garantie fallen. Auch ist im Gesetz noch zu definieren, wie im Krisenfall die Sparer zu ihrem Geld kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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