Die Grenzkontrolle der Zukunft

Flughafen Wien-Schwechat
Flughafen Wien-Schwechat (c) Clemens Fabry
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In Wien Schwechat wurden innovative Systeme zur Grenzkontrolle erprobt. Einen neuen Apparat sucht man aber vergebens. Dafür gab es Impulse für ein EU-weit genutztes E-Gate.

Eines gleich vorweg: Auf dem Flughafen Wien-Schwechat gibt es kein neues Gerät für die Grenzkontrolle. Aber es könnte irgendwann auf Basis heimischer Forschungsarbeit gebaut werden, auch wenn man noch nicht weiß, wie es genau aussehen wird.
Michael Mürling, Presseverantwortlicher des Wiener Forschungsunternehmens AIT (Austrian Institute of Technology, vormals ARC Seibersdorf), ist ein gebranntes Kind: „Als wir zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben Leute angerufen und gefragt, wieso unser Apparat nicht funktioniert?“
Nun: Apparat gibt es keinen. Was es gibt, ist das Projekt „Grenzkontrolle der Zukunft“ (Future Border Control, FBC) zur „Entwicklung eines sicheren, effizienten und benutzerfreundlichen automatischen Grenzkontrollsystems für die Schengen-Außengrenze am Flughafen Wien“. Es wurde im Rahmen des österreichischen Sicherheitsforschungsprogramms KIRAS des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (siehe Lexikon) gefördert. Projektleiter Andreas Kriechbaum vom AIT arbeitete dabei eng mit dem Innenministerium, dem Flughafen sowie den IT-Spezialisten Atos (Systemintegration und Biometrie) und Gunnebo Österreich (Sicherheitslösungen) zusammen.
Ausgangspunkt des Projekts war – nicht zuletzt unter dem Eindruck von 9/11 – die Erkenntnis, dass die explosionsartige Steigerung des Flugverkehrs neue Herausforderungen für die Grenz- und Sicherheitskontrollen sowie längere Wartezeiten für EU-Bürger aus Nicht-Schengen-Staaten mit sich bringt. FBC sollte nicht nur bestehende Systeme analysieren und „die technischen Kernelemente zukünftiger Grenzkontrollsysteme erforschen“, sondern auch „beispielhaft demonstrieren“, so die Projektbeschreibung. Das daraus resultierende E-Gate sollte laut AIT „eine Erhöhung des Personendurchsatzes unter Gewährleistung höchster Sicherheit ermöglichen und die Grenzkontrollbeamten entlasten“.

Demonstrator für Praxistests


Das mag missverstanden worden sein – siehe den Apparat in Wien-Schwechat. In einer AIT-Information war nämlich zu lesen: „Alle Erkenntnisse werden in Form eines Demonstrators umgesetzt, der am Flughafen im Testbetrieb Evaluierungsergebnisse liefern soll.“
Dieser Demonstrator „soll es erlauben, einzelne Module zu adaptieren (etwa Prozesssteuerung, Vereinzelung) und deren Einflüsse auf die Leistungsfähigkeit hinsichtlich Durchsatz und Qualität der Kontrolle zu ermitteln“. Und: „In umfangreichen Praxistests soll die Tauglichkeit solcher Gates aus Sicht der Sicherheitsbehörden, des Infrastrukturbetreibers und der Nutzer ermittelt werden.“
Die Ziele des Projekts: „Demonstratoren innovativer Elemente sowie eine umfangreiche Analyse der Möglichkeiten der Gestaltung eines E-Gates sowie Empfehlungen für die optimale Integration des Systems unter Einbeziehung von rechtlichen, ethischen und sozialen Aspekten.“
Die Ziele wurden erreicht, „mit der im Projekt entwickelten Lösung konnten die Vorteile der automatischen Grenzkontrolle im Betrieb gezeigt werden“, so Mürling. Dazu bedurfte es keines Apparates, die notwendigen Softwaremodule demonstrierten an bestehenden Gates ihre Funktion. Das Projekt ist inzwischen abgeschlossen und hat eine Aufwertung erfahren. „Es ist nicht zu Ende, im Gegenteil“, sagt der AIT-Sprecher. „Es hat wesentlich zum Erlangen des EU-Projekts ,FastPass‘ beigetragen.“

Basis für Folgeprojekt


„FastPass“, Anfang 2013 gestartet, ist ein von AIT koordiniertes Projekt im 7. EU-Rahmenprogramm mit nicht weniger als 27 Partnern. Es soll einen harmonisierten, modularen Ansatz für automatisierte Grenzkontroll-Gates etablieren und demonstrieren.
Dabei sollen,  wie im Vorhaben von Wien-Schwechat, zwei gegensätzliche Ansprüche erfüllt werden: Sicherheit auf höchster Stufe zu erhalten sowie Geschwindigkeit und Komfort für alle Reisenden zu erhöhen. Der Eingriff in die Privatsphäre soll dabei so gering wie möglich gehalten werden.
„Das in Schwechat erarbeitete Know-how leistet einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung und Harmonisierung der automatischen Grenzkontrolle im europäischen Kontext“, so Mürling. In dem vierjährigen EU-Projekt soll ein Prototyp entwickelt und für alle Arten von Grenzübergängen – Luft, Land, Wasser – evaluiert werden. Ziel von „FastPass“ sei es, „eine Referenzarchitektur für Gates zu entwickeln und die europäische Initiative für globale Standards voranzutreiben.“
Inzwischen gibt es auch das EU-Projekt „MobilePass“, in dem das AIT mit elf Partnern eine Smartphone-fähige Grenzabfertigung entwickeln soll. Bei gleichen Zielsetzungen wie „FastPass“ wurde es erst im April gestartet, soll aber Ende 2016, zugleich mit dem großen Bruder, abgeschlossen sein. Irgendwann wird es dann ein E-Gate geben. Es wird wohl ähnlich wie ein heutiges Gate aussehen, zur Gänze digitalisiert. Damit es den Passagier beim Durchgehen erkennt – aber nicht aufhält.

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