Zukunftsfragen: Flipcharts für mehr Denkgymnastik

Diskussion über elf Zukunftsfragen
Diskussion über elf Zukunftsfragen(c) Katharina Roßboth
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Statt elf Gruppen diskutierten 25, statt beschaulich war es gedrängt. Zuletzt standen dennoch Ideen für das Gesundheitssystem auf Plakaten - nur Konkretes fehlte.

Die Frage, wohin sich die Medizin entwickelt - das Thema der Gesundheitsgespräche -, brennt offenbar vielen Menschen unter den Nägeln. Das wurde spätestens gestern Nachmittag im Alphof deutlich. Dort sollten nämlich eigentlich 77 Personen in elf Gruppen über das heimische Gesundheitssystem diskutieren. Doch anstelle der 77 angemeldeten Diskutanten drängten weit mehr als 100 Interessierte in den Speisesaal des Hotels. Ihr Antrieb: „Knackpunkte" zu analysieren, um in zwei Stunden „elf Zukunftsfragen für Österreichs Gesundheitssystem" zu beantworten.

Die Ergebnisse der moderierten Diskussion sollten auf Plakaten notiert und am heutigen Dienstag Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) präsentiert werden. Doch die Masse der Interessierten machte den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung.

Hürdenlauf im Speisesaal

„Hoppala", rief ein älterer Herr, als er auf der Suche nach „11F" - Ort des Gesprächs „Reorienting Health Services. Von der Kuration zur Prävention" - über einen Flipchart-Ständer stolperte. „Wir haben hier einen Parcours gebaut", versuchte ein Moderator die Situation aufzulockern. „Ein Turnsaal der Denkgymnastik", erhielt er Unterstützung von einer Teilnehmerin. „Ich komme mir ein bisschen wie ein eingelegter Hering vor", ärgerte sich indes eine andere Dame. „Ach, das ist doch beschaulich", meinte ihr Sitznachbar beschwichtigend.

„Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten", unterbrach schließlich Koordinator Günter Kradischnig von der Integrated Consulting Group das Getuschel. „Hinter den elf Zukunftsfragen stehen elf Personen. Sie werden Ihnen einen kurzen Einblick ins jeweilige Thema geben, bevor Sie selbst am Wort sind", erläuterte er. An Tisch „11F" klang die Einführung durch Armin Fidler, Gesundheitsberater bei der Weltbank, so: „Wie können wir das System umdrehen? Weg von der nachträglichen Einnahme von Pulvern, hin zu einem bewussten Umgang mit sich selbst?" Dann übernahmen die Teilnehmer, zu denen Biochemiker, Ärzte, Stipendiaten und Vertreter der Wirtschaftskammer zählten.

Auf Knien besser hören

Vor einer anderen Gruppe hatte sich unterdessen ein Moderator hingekniet, „um besser zu hören", wie er meinte. Denn der Lärmpegel im Raum war trotz dicker Vorhänge und Teppiche äußerst hoch. Eine Gruppe war deswegen auf die Terrasse entflohen. „Mit diesem Ansturm haben wir nicht gerechnet", räumte Kradischnig ein. „Er freut uns aber sehr."

Zwei Stunden und einen kurzen Spaziergang zum Schrödinger-Saal des Congress Centrums später, wurden die Ergebnisse in Form von Plakaten präsentiert. Ihre geplante „Zusammenführung und Verdichtung", wie es im Folder zur Veranstaltung hieß, fand jedoch nicht statt. Diese würden die Moderatoren und „Berater" übernehmen, damit die Gäste nicht die abendliche Wanderung auf die Bischoferalm und den dort stattfindenden Empfang der „Pharmig" verpassten, hieß es seitens der Organisatoren.

„Morgen haben die Berater die Aufgabe, die Resultate Minister Stöger vorzustellen - anhand von fünf Folien, die je nur für 20 Sekunden sichtbar sein werden. Das wird eine lange Nacht", meinte Kradischnig, um sich sogleich an die Diskutanten zu wenden. Vor ihrer „Entlassung" sollten sie nämlich noch eine Aufgabe erfüllen: Sie wurden aufgefordert, sich je zwei Partner aus anderen Arbeitsgruppen zu suchen, um sich gegenseitig bekannt zu machen. In einem zweiten Schritt wurden die Partner gewechselt und einander mitgeteilt, was man aus den Gesprächen für sich persönlich mitnehme. Abschließend galt es zu klären, ob etwaige Initiativen gesetzt werden könnten.

Leichte Enttäuschung

„Eigentlich hätten wir die Plakate aus dem Vorjahr wieder aufhängen können", meinte Renate Haiden, Geschäftsführerin der Publish Factory und Alpbach-Kennerin, beim Verlassen der Congress Centrums leicht enttäuscht. „Denn drauf stehen tut dasselbe." Man sei mit den Schwierigkeiten ja schon seit Jahren vertraut: „Kaum etwas ist allgegenwärtiger als die Gesundheit und ihr System", sagte Haiden. „Kaum etwas ist schwieriger zu diskutieren. Und für kaum etwas findet man schwieriger Lösungen."

Vielleicht gelingt es in der heutigen Diskussionsrunde mit dem Gesundheitsminister.

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