Irak-Konflikt: Krieg der Sterne unerwünscht

Völkerrechtsexperte Manfred Nowak
Völkerrechtsexperte Manfred Nowak(c) Katharina Roßboth
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Völkerrechtsexperte Manfred Nowak hält den Einsatz von Kampfdrohnen - wie aktuell im Irak - für legitim. Viel kritischer sieht er Roboter.

Die aktuellen Ereignisse im Irak liefern dem heutigen Abschluss-Panel der Rechtsgespräche zusätzliche Aktualität. Das am Mittwoch von der Terrororganisation „Islamischer Staat" (IS) veröffentlichte Video, auf dem die Enthauptung des 2012 in Syrien entführten US-Journalisten James Foley zu sehen ist, und die harte Kritik von US-Präsident Obama, werden heute, Donnerstag, zur Sprache kommen. Da diskutieren der österreichische Völkerrechtsprofessor Manfred Nowak (Uni Wien) und sein US-Kollege Michael W. Lewis (Ohio Northern University) über den Einsatz von Kampfdrohnen.

Nowak, frisch zurück von einem halbjährigen Aufenthalt als Visiting Professor an der Stanford Law School, erzählt, warum das Thema der unbemannten, ferngesteuerten und bewaffneten Flugzeuge Brisanz hat. Aus völkerrechtlicher Sicht dürfen Kampfdrohnen in einem bewaffneten Konflikt zum Einsatz kommen. Das hat sogar einige Vorteile, sagt Nowak: Die Drohnen seien günstiger, durch ihren Einsatz werde das Leben des Piloten nicht riskiert, und da der Pilot am Joystick sein Angriffsziel meist sogar genauer sieht als in der Luft im Kampfjet, könnten collateral damages, also Schäden an der Zivilbevölkerung, gering gehalten werden. „Ob ich Menschen oder ein Dorf mit einem bemannten oder einem unbemannten Flugzeug beschieße, ist letztlich irrelevant", sagt Nowak im Gespräch mit der „Presse".

Ohne Zustimmung völkerrechtswidrig

Problematisch werde der Drohneneinsatz erst, wenn er nicht im Krieg passiere und - wie von den USA - durch den Kampf gegen den Terror gerechtfertigt werde. Stimme ein Staat einem Drohnenangriff auf terroristische Ziele nicht zu, handle es sich „so gut wie immer" um einen völkerrechtswidrigen Angriff. Folgt man der Rechtfertigungslinie der USA für ihren breiten Drohneneinsatz, dann hat das Konsequenzen. So möchte Nowak seinen US-Kollegen heute mit einem konkreten Szenario konfrontieren: Was wäre, wenn die USA aus gesicherten Quellen erfahre, dass ein hohes Mitglied der alQaida einen Anschlag in Alpbach plant. „Dürfen die ihn dann einfach hier abschießen?" Und wenn ja, wen müssten die USA um Erlaubnis fragen? Den Bundespräsidenten? Den Justizminister?

Nicht Kampfdrohnen, aber Kampfroboter sieht Nowak als große Gefahr. Die können schon so programmiert werden, das sie sich selbstständig ihre Ziele suchen und dann nicht mehr wirklich kontrollierbar sind. „Das ist der Krieg der Zukunft, der an gefährliche Science Fiction erinnert. Das ist dann fast schon wie der ,Krieg der Sterne‘".

Aber zurück zur aktuellen Lage: Im jüngsten militärischen Konflikt im Irak sei den USA die Verwendung von Drohnen jedenfalls erlaubt - und Nowak vermutet, dass diese auch schon eingesetzt wurden. Als Beobachter findet der Völkerrechtsexperte Nowak die aktuelle Situation im Irak interessant. Immerhin hätten die USA zuerst die Opposition des Assad-Regimes in Syrien unterstützt „und die IS damit zum Teil auch groß gemacht" - und nun befinden sie sich in einem militärischen Konflikt mit dieser anderen Seite.

Aber wie muss die Welt auf die Gewalteskalation im Irak reagieren? „Mit einem begrenzten Militärschlag, der dann aber nicht nur von den USA, sondern hoffentlich von einer breiten Allianz mitgetragen wird, an der sich auch andere Staaten, nicht nur Nato-Staaten, beteiligen." Damit könne man klar zeigen: „Gewisse Dinge sind einfach unakzeptabel - und es ist nicht nur ein Kampf zwischen Islamisten und den USA, sondern ein Kampf der internationalen Gemeinschaft, die sich gegen diese Form von schwersten Menschenrechtsverletzungen stellt. Das hätte eine ganz andere moralische, politische und rechtliche Legitimität." Man müsse sich aber bewusst sein, dass ein Kriegsparadigma immer zu einer Eskalation führe. Wenn die Informationen stimmen, wurden seit dem Start der US-Luftangriffe gegen die IS-Miliz 600 neue Kämpfer rekrutiert. Diesen Effekt hat auch der Drohneneinsatz: „Jede einzelne Drohne, die im Jemen oder in Pakistan Zivilisten trifft, führt zu mehr Hass und den Terroristen mehr Leute zu."

Langfristig sei wichtig, präventiv gegen die Ausbreitung von Terror vorzugehen. Dazu gehört für Nowak auch, den Palästina-Konflikt in den Griff zu bekommen. „Solange die Palästinenser im Gaza-Streifen so behandelt werden, legt das den Nährboden für neuen Terrorismus."

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