Großbritannien: Jagd auf „John“, den Henker

Der Mörder des US-Reporters Foley in schwarzer Henkerskutte wirft Schlaglicht auf den Jihad-Export aus dem Königreich.

London/Wien. Ein SAS-Trupp, eine Spezialeinheit der britischen Armee, könnte laut Geheimdienstkreisen die Jagd auf den Mörder des US-Kriegsreporters James Foley bereits aufgenommen haben. Ehemalige Geiseln hatten den maskierten Killer in der schwarzen Kutte mit dem markanten Londoner East-End-Akzent, einen Linkshänder, nämlich als „John“ identifiziert – als Rädelsführer einer dreiköpfigen britischen Islamisten-Gang. Wegen ihrer Herkunft wurde das Trio als „Beatles“ apostrophiert: John, Paul und Ringo.

„John“, in der britischen Zeitung „Guardian“ als „intelligent“, „gebildet“ und als „inbrünstiger Anhänger eines radikalen Islam“ beschrieben, hatte im März in der nordsyrischen Islamisten-Hochburg Raqqa die Verhandlungen über die Freilassung von einem knappen Dutzend Geiseln – darunter französische und spanische Journalisten – geführt und dabei eine Millionensumme an Lösegeld herausgepresst.

Die Botschaft des fünfminütigen Videos enthielt zwar eine Warnung an die USA, sandte aber zugleich ein Signal an Großbritannien und die dortigen Sympathisanten. FBI, MI5 und Scotland Yard gingen umgehend daran, das Puzzle über die britischen IS-Jihadisten zusammenzusetzen. In London kam das Sicherheitskabinett zur Sondersitzung zusammen, Premier David Cameron eilte aus seinem Urlaub in Cornwall herbei.

Für Außenminister Philip Hammond ist das Phänomen des britischen Terrorexports nach Syrien und in den Irak indes längst keine Überraschung mehr. 400 bis 500 britische Staatsbürger, so die Schätzungen, haben sich derzeit dem Jihad des Islamischen Staats (IS) angeschlossen – rund ein Viertel der ausländischen Kämpfer. 19 britische Kämpfer haben beim IS-Kreuzzug im Nahen Osten bisher ihr Leben gelassen. Laut Terrorexperten nehmen Kämpfer wie John sogar Führungspositionen ein. Zudem sollen inzwischen 250 britische Extremisten wieder in die Heimat zurückgekehrt sein, was den britischen Sicherheitsdiensten Anlass zur Besorgnis gibt. In Internetpostings bejubelten britische Jihadisten hämisch die Hinrichtung.

Eine Jihad-Warnung britischer Imame verpuffte. Jetzt wollen sich die Behörden verstärkt in den sozialen Netzwerken einklinken, um Extremisten direkt anzusprechen. Das Anklicken des Hinrichtungsvideos steht unter Strafe – und allfällige „Klicker“ stehen ohnehin unter erhöhter Observanz. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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