US-Geldpolitik: Yellens Drahtseilakt in Jackson Hole

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Die erste große Rede der neuen Fed-Chefin, Janet Yellen, wird keine Sensationen bringen, aber die Stimmung an den Börsen nachhaltig beeinflussen.

Jackson Hole/Wien. Wenn Janet Yellen am Freitagnachmittag in Jackson Hole (Wyoming) zu ihrer Rede ansetzt, wird sie endgültig die sprichwörtlichen Schuhe ihres Vorgängers, Ben Bernanke, füllen. Nicht etwa, weil von Yellens Rede große Überraschungen zu erwarten sind. Aber weil die Rede in Jackson Hole so etwas wie das Vermächtnis Bernankes ist. Er hat sie erfunden. Eine Art „State of the Union“-Rede, wie sie der US-Präsident hält – aber eben von der einen Person, die vielleicht tatsächlich mächtiger ist als der Präsident selbst: der Chefin der Federal Reserve.

Während ihre Worte für die breite Öffentlichkeit ein wenig langweilig klingen dürften, hängen die Märkte an jeder Silbe aus Yellens Mund. Denn die Fed-Chefin wird wohl über ihre Aussichten für den Arbeitsmarkt sprechen. Von dessen Entwicklung hat sie längst den Ausstieg der Federal Reserve aus der extrem lockeren Geldpolitik abhängig gemacht, die seit der Krise von 2008 zur Bekämpfung ebendieser eingesetzt wird. Es wird um Details gehen, denn der grobe Fahrplan ist bekannt: Die Notfalls-Liquiditätsmaßnahmen namens Quantitative Easing sollen in diesem Jahr noch auslaufen. Für 2015 wird dann ein erster Zinsschritt erwartet – weg von niedrigen Zinsen und extrem billigem Geld.

Yellens Rede wird Hinweise darauf enthalten, wie schnell der Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik und die Rückkehr zu einer gewissen Normalität wirklich vonstattengehen können. Aber wie die inzwischen auf mehr als vier Billionen Dollar angewachsene Bilanz der Federal Reserve jemals wieder normalisiert werden soll, wird wohl auch nach der inzwischen traditionellen Notenbankertagung in Jackson Hole offenbleiben.

Draghi spricht vor Yellen

Nachdem sowohl bei der Bank of England als auch bei der Federal Reserve zuletzt eine offene Debatte über die baldige Anhebung der Zinsen ausgebrochen ist, wird von Yellen für Freitag aber vor allem eines erwartet: ein „weiches Signal“, das den Anlegern versichert, dass Geld noch eine ziemlich lange Zeit günstig bleiben wird. Denn Yellen ist sicherlich besorgt um die relativ blutleere „Recovery“ in den USA – genauso wie Mario Draghi, Chef der EZB, sich auf die noch schwächere Erholung in der Eurozone konzentrieren wird, wenn er noch vor Yellen beim Mittagessen eine Rede halten wird. Aber die beiden Notenbanker stehen vor unterschiedlichen Fragen.

Während die US-Wirtschaft oberflächlich wieder zu boomen scheint, bleibt die Lage in Europa angespannt: Die Kreditvergabe will nicht so recht anspringen, egal, was die EZB unternimmt. Auch in der Eurozone sind die Zinsen quasi bei null angekommen. Aber Draghi kann sich zumindest darüber freuen, dass die EZB die meiste Liquidität, die sie in den Markt gepumpt hat, bereits wieder abgezogen hat – weshalb die Bilanz der EZB bei Weitem nicht mehr so aufgebläht ist wie jene der Fed.

Oder anders gesagt: Die europäischen Zahlen sind wahrscheinlich näher dran an der Realität, weil die Notenbank-Liquidität die Preisstrukturen durcheinanderbringt und in den USA zu einer paradoxen Situation geführt hat, die auch am Freitag weiter anhalten wird. Je schlechter es der Wirtschaft geht, desto eher steigen die Börsenkurse, weil die Anleger davon ausgehen, dass das Geld noch lange billig bleibt und die Zinswende hinausgeschoben wird. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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