Energieeffizienz: Wie oft ist der Kühlschrank offen?

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Das Projekt Open Fridge soll den Lebenszyklus von Geräten dokumentieren – und damit zu neuen Energiesparmöglichkeiten verhelfen.

Wofür genau stehen eigentlich die Energieeffizienzbezeichnungen, die sich mittlerweile auf allen neuen Kühlschränken finden? Wie präzise sind sie? Und, nicht zuletzt: Kann der falsche Einbauplatz in der Küche die Energieeffizienz gleich wieder reduzieren?

Fragen wie diese sind es, auf die Konsumenten bis heute nur schwierig Antworten finden. Nun haben sich Forscher zum Projekt Open Fridge – also „offener Kühlschrank“ – zusammengetan: das Forschungszentrum Telekommunikation Wien (FTW), das Semantic Technology Institute (STI) der Uni Innsbruck und die Wiener Semantic Web Company (SWC). Das vom BMVIT über die FFG mit 300.000 Euro geförderte Projekt analysiert in Echtzeit die gewonnenen Energieeffizienzdaten von Kühlschränken.

Diese zählen immer noch zu den größten Energieverbrauchern im Haushalt. Doch die Branche reagiert: „Der Markt für energieeffiziente Haushaltsgeräte, für erneuerbare Energiegewinnungsanlagen und für Dienste, die die Effizienz des Energieverbrauchs aufzeichnen, kontrollieren und steigern, wächst drastisch an“, erzählt Dana Tomic, Forscherin am FTW und Koordinatorin des Projekts Open Fridge. „Das fördert die Nachfrage und die Erwartungen der Massenkonsumenten.“

Allzu lange Ausflüge zu den Versprechungen so mancher Energieversorger, durch intelligente Messungen, also sogenannte Smart Meter, vielleicht einmal sogar „dynamische Tarife“ anbieten zu können, will sich Tomic verkneifen: „Das wird spekulativ, wenn Sie zu Hause den Anbieter wechseln, weil der vielleicht gerade ein Kraftwerk in Asien eröffnet hat.“ Jedenfalls könnte nach ihrer Ansicht das Preisniveau nur höher werden.

Im vorangegangenen Projekt, Sesame, entwickelten FTW und SWC in einem Konsortium mit russischen und serbischen Partnern den Prototypen eines Systems, das die ganz detaillierte Planung des Energiebedarfs ermöglichen soll. Denn konventionelles Smart Metering regelt vor allem die Lastverteilung, kann aber nur beschränkt das EU-Energieeffizienzprogramm von 2006 unterstützen. Deshalb wurde Sesame ebenfalls von der FFG gefördert. Der Name entstand aus der Verkürzung von „Semantic Smart Metering“. Die semantischen Technologien ermöglichen nicht nur intelligente Messsysteme, sondern auch Funktionen zur kosten- und verbrauchseffizienten Nutzung. So können bei semantischem Management von Stand-by-Geräten bis zu 24 Prozent der Kosten und Energie eingespart werden.

Neben den heute üblichen fast vollautomatischen Messungen und den bedarfsgerechten Modellen arbeitet das FTW auch an einer weiteren Möglichkeit: Basierend auf direkt verfügbaren Daten von Haushaltsgeräten könnten Hersteller neue kundenorientierte Ansätze und Mehrwertdienstleistungen entwickeln.

Entscheidend ist dabei aber laut Tomic nicht, wie viele Plus hinter dem A stünden, sondern die Lebenszyklusbewertung: Ziel von Open Fridge sei die Errichtung einer Community-Plattform, auf der – frei nach der Methode des Crowdsourcing – Energieeffizienzdaten abgeliefert und ausgewertet werden. Die Messungen werden möglichst dem Alltag ähnlich angelegt, also mit wiederholtem Öffnen der Kühlschranktür, schlechtem Schließen (etwa durch das Einzwicken eines Gegenstandes), Sonneneinstrahlung und vielem mehr.

Zur Auswertung wurde eine Infrastruktur geschaffen, die den Datenwulst mit semantischen Technologien in eine Wissensbasis integriert. Daraus können Schlussfolgerungen gezogen werden, die im günstigsten Fall zu neuen Mehrwertdiensten führen sollen.

Die nächsten Herausforderungen sieht Tomic in der Interaktion mit den Usern: „Es ist nicht ganz simpel, sich mit dem Kühlschrank auf unserer Website openfridge.net zu registrieren. Oft fehlen ausreichende Angaben auf den Typentafeln.“ Die Qualität der Daten wiederum hänge von der präzisen Dokumentation ab – schließlich müssen Raum- und Kühlschranktemperatur, der Füllungsgrad, Umgebungsdetails und die eigenen Aktionen dokumentiert werden, damit die Messungen richtig interpretierbar sind. Und sie zeigt zahlreiche Messergebnisse, bei denen die Kühlzyklen des jeweiligen Kühlschranks stark voneinander abweichen.

Deshalb haben sich die Usertests auch ein bisschen verschoben und sollen im September beginnen. „Aber der Projektabschluss mit Ende März wird gehalten“, so Tomic. Auch über eine eventuelle Fortsetzung von Open Fridge denkt sie nach: „Man könnte externe Daten einbringen oder größere Systeme wie Supermärkte und Spitäler durchleuchten.“

AUF EINEN BLICK

Das Forschungszentrum Telekommunikation Wien (FTW) ist ein international tätiges Zentrum zur Erforschung und Entwicklung von Technologien für die Kommunikationssysteme der Zukunft. Als wichtigstes Ziel bezeichnet das Zentrum „die Stärkung der Innovationskraft und der Wettbewerbsfähigkeit der Partner sowie des Technologiestandortes Wien durch die Bündelung und den weiteren Ausbau vorhandenen Wissens“. Die Initiative wird als K1-Zentrum im Rahmen des österreichischen Kompetenzzentrenprogramms Comet von Bund und Land Wien gefördert und ausgebaut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2014)

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