Max Verstappen: Auf der Überholspur in die Königsklasse

BELGIUM FORMULA ONE GRAND PRIX
BELGIUM FORMULA ONE GRAND PRIXAPA/EPA/OLIVIER HOSLET
  • Drucken

Red Bull sicherte sich mit dem 16-jährigen Max Verstappen eines der größten Nachwuchstalente. Bereits 2015 wird der junge Niederländer für Toro Rosso sein Formel-1-Debüt geben – als jüngster Pilot aller Zeiten.

Nach vierwöchiger Sommerpause werden in der Formel 1 an diesem Sonntag wieder Punkte vergeben. Vor dem heutigen Grand Prix in Spa (14 Uhr, live ORF eins, RTL, Sky) gehörten die Schlagzeilen aber weder den offiziell ausgesöhnten WM-Konkurrenten Nico Rosberg und Lewis Hamilton noch dem in Dauerkrise befindlichen Weltmeister Sebastian Vettel, sondern einem der breiten Masse unbekannten Jungspund: Max Verstappen.

Erst kürzlich war der 16-jährige Niederländer ins Red-Bull-Nachwuchsprogramm aufgenommen worden, danach hatten sich Gerüchte um eine Eil-Beförderung in die Königsklasse hartnäckig gehalten. Am Montag wurde es schließlich offiziell: Verstappen erhält 2015 beim Red-Bull-Zweitteam Toro Rosso das zweite Cockpit neben Daniil Kwjat und ersetzt Jean-Eric Vergne. „Es ist ein unglaubliches Gefühl“, frohlockte der Youngster. „Ich werde mein Bestes geben, um in der Königsklasse des Motorsports erfolgreich zu sein.“ Zum Saisonauftakt in Melbourne Mitte März wird Verstappen mit gerade einmal 17 Jahren und fünf Monaten den Spanier Jaime Alguersuari (19 Jahre und 125 Tage beim GP von Ungarn 2009 für Toro Rosso) als jüngsten Piloten aller Zeiten ablösen.

In der Formel 1 ist der Name Verstappen freilich kein neuer, folgt Max doch dem Beispiel Jacques Villeneuves, Damon Hills oder Nico Rosbergs und tritt nach elf Jahren in die Fußstapfen seines Vaters Jos. Die Liebe für den Motorsport wurde dem 16-Jährigen quasi in die Wiege gelegt, denn auch Mutter Sophie, Opa und Onkel fuhren Kart. Ab seinem vierten Geburtstag machte Max selbst die Strecke unsicher, duellierte sich einst sogar mit Michael Schumacher. Jos Verstappen pflegt eine Freundschaft zu seinem einstigen Benetton-Teamkollegen, über die Prominenz seines Sparringpartners aber war sich Max damals nicht im Klaren. „Ich wusste nur, dass er in der Formel 1 ist.“

2015 wird Verstappen jr. nun selbst die ganz große Bühne betreten. Brachte es Jos Verstappen in 106 Renneinsätzen auf zwei dritte Plätze als beste Ergebnisse, sind Red Bulls Pläne für den Filius weitaus größer. Dieser soll dem Vorbild des bislang bekanntesten Red-Bull-Juwels folgen: Sebastian Vettel war bei seinem Debüt in der Formel 1 19 Jahre alt, mit 21 gewann der Deutsche sein erstes Rennen, mit 23 den ersten von inzwischen vier WM-Titeln.


Sogar Vettel abgehängt. Im Fahrerlager stieß die Verpflichtung auch auf Kritik, doch Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost beruhigte: „Auf dem Papier ist Max erst 16, aber er ist einer der talentiertesten Fahrer der neuen Generation, und wir sind überzeugt, dass er die nötige Reife und mentale Stärke besitzt, um diese Herausforderung zu meistern.“ Immerhin hat nicht einmal Vettel einen derart rasanten Aufstieg wie Verstappen vorzuweisen. Musste sich der vierfache Weltmeister insgesamt vier Jahre lang in Formel BMW, Formel 3 und Formel Renault verdingen, wird der Niederländer innerhalb von nur zwei Jahren einen Sprung von 100 zu 700 PS machen.

Schließlich kürte sich Verstappen erst im Vorjahr zum Kart-Weltmeister und absolviert derzeit seine erste Saison in der Formel-3-EM. Dabei ist er äußerst erfolgreich unterwegs: Am letzten Wochenende krönte er sein Red-Bull-Debüt auf dem Nürburgring mit dem achten Saisonsieg, womit er nach insgesamt 27 Rennen auf dem zweiten Gesamtrang liegt. „Aus dem Kartsport direkt in die Formel 3 zu wechseln und gleich ganz vorn mitzufahren, so etwas habe ich überhaupt noch nie gesehen. Max sticht heraus“, lobte auch Gerhard Berger.

Mehrere Topteams aus der Formel 1 warben um den 16-Jährigen, am Ende machte Red Bull das Rennen. „Es war eine gut durchdachte Entscheidung“, betonte Jos Verstappen. „Ausschlaggebend war die Entschlossenheit und Motivation, mit der Red Bull Max zu einem Teil ihres Programms machen wollten. Sie gaben uns das Gefühl, dass sie wussten, dass er etwas ganz Besonderes ist.“ Dies unterstrich Motorsportchef Helmut Marko noch einmal bei der offiziellen Vorstellung; „Max ist außergewöhnlich und als Gesamtperson schon so gereift, dass wir ihn risikolos mit der entsprechenden Vorbereitung in die Formel 1 bringen können.“

In seiner Heimat ist Max Verstappen trotz seiner Jugend längst eine Berühmtheit. Das niederländische Fernsehen begleitet ihn bei den Rennen, in Talkshows ist der 16-Jährige Stammgast. Treuer Begleiter an seiner Seite war bislang Vater Jos, der seinen Auftrag nun erfüllt sieht: „Ich habe für meinen Sohn alles getan. Jetzt fühlt es sich an, als müsste ich loslassen. Bei Red Bull und Toro Rosso ist er aber in den richtigen Händen.“ Verstappen weiß die Hingabe seines Vaters zu honorieren. „Er ist der wichtigste Baustein in meiner Karriere. Er ist mein Trainer, mein Mentor, mein Mechaniker, mein Manager und mein Taxi-Fahrer.“ Letzteres wird er vorläufig auch bleiben, denn einen Führerschein besitzt der Junior noch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.