PR-Inszenierungen sind zu wenig: Klug ist bei Reformen gefordert

Das Bundesheer müsste personell umgebaut werden. Das geht nicht von heute auf morgen - aber man könnte ja einmal damit beginnen.

Was macht ein Parteichef, der intern unter Druck gerät und von seinen „Parteifreunden“ unverhohlen infrage gestellt wird? Richtig: Er lenkt ab. Michael Spindelegger startet einen Angriff auf den Koalitionspartner und setzt auf eine Wortwahl, die massive Reaktionen garantiert. Wenn der Finanzminister, der das Heeresbudget kürzt, vom Verteidigungsminister verlangt, dieser dürfe das Heer nicht kaputtsparen, wird das von den Betroffenen zu Recht als Chuzpe interpretiert. Und die öffentliche Diskussion dreht sich tagelang um das Thema.

So ganz hat die Strategie freilich nicht funktioniert: Die Landesparteichefs Josef Pühringer und Günther Platter bleiben bei ihrer Kritik an der Bundespartei und werden das wohl nur dann sein lassen, wenn die ÖVP erfolgreiche Landtagswahlen schlägt. Wonach es derzeit aber nicht aussieht: Beim ersten der kommenden fünf Urnengänge, bei der Wahl in Vorarlberg im September, dürfte die ÖVP wohl die absolute Mandatsmehrheit verlieren.

Was das Thema Bundesheer betrifft, hat Spindeleggers Vorstoß freilich durchaus seine Berechtigung. Seit Jahren ist bekannt, dass das Heer auf einen finanziellen Kollaps zusteuert. Gerald Klug ist nun auch schon seit eineinhalb Jahren Ressortchef. Der Minister, der sich bei PR-Terminen gekonnt in Szene setzt und sich gern mit Hunden, Kindern und Sportlern ablichten lässt, hätte also Zeit genug gehabt, auch bei den dringenden Problemen seines Ressorts Maßnahmen zu setzen. Für mehr Geld ist er nicht auf die Barrikaden gestiegen, also müsste er das Bundesheer strukturell an die gegebene finanzielle Situation anpassen.

Dass Klug den Generalstab beauftragt, Reformen auszuarbeiten, ist da ein bisschen wenig: Die grundlegenden Entscheidungen, wie das Bundesheer der Zukunft aussehen soll, sind nicht die Aufgabe der Beamtenschaft, sondern der Politik. Diese muss die Vorgaben machen, welche Ziele mit welchen Mitteln erreicht werden sollen. Wer das an die Beamten delegiert, riskiert auch, dass dann die Interessen des Beamtenapparats bei den Reformen eine zentrale Rolle spielen.

Genau da liegt aber der Kern des Problems Bundesheer: Es gibt einen historisch gewachsenen aufgeblähten Personalapparat, der für die aktuellen Aufgaben der Armee nicht adäquat ist. Die lebenslange Beamtenkarriere ist in anderen Bereichen der Verwaltung sicher sinnvoll, nicht aber beim Heer, das eine junge einsatzbereite Truppe brauchte, geleitet von einem schlanken Führungsapparat.

Das ist derzeit keineswegs der Fall. Im Ministerium und im Generalstab ist die Zahl der Führungskräfte wesentlich höher als jene der Führungspositionen. Pseudoaufgaben für Brigadiere, die in Wirklichkeit nicht mehr gebraucht werden, sind keine Seltenheit. Das setzt sich im Offizierskorps fort: Jeder Offizier wird zumindest Oberst. Das ist so, als würde eine Firma jedem Akademiker garantieren, zumindest Abteilungsleiter zu werden. Und auch bei den Unteroffizieren ist das Heer hoffnungslos überbesetzt.

Die Folge: 70Prozent des Heeresbudgets gehen für das Personal auf – mit steigender Tendenz. Da werden auch Sparmaßnahmen, wie Treibstoff zu rationieren, bald nicht mehr viel weiterhelfen. Das Problem ließe sich nur durch ein neues Dienstrecht lösen, in dem eine zeitliche Befristung des Dienstes beim Heer zur Normalität wird – bei gleichzeitiger Schaffung attraktiver Umstiegsmöglichkeiten in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes. Der Umbau des Bundesheers ginge natürlich nicht von heute auf morgen – aber man könnte ja einmal damit beginnen.


Der Vorschlag Spindeleggers, die Miliz wieder verstärkt einzusetzen, kann auch helfen, die Budgetprobleme zu lindern – aber auch das gilt erst, wenn zuvor ein Personalabbau stattgefunden hat. Sonst würde die Miliz nur zusätzliche Kosten verursachen. Und man müsste auch klar aussprechen, was eine Aufwertung der Miliz in der Praxis bedeutet: Das geht nämlich nur, wenn die verpflichtenden Milizübungen nach Ende des Grundwehrdienstes wieder eingeführt werden. Und das hat zumindest bisher auch die ÖVP abgelehnt.

E-Mails an:martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2014)

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