Ukraine-Krise: Moskau dementiert Gasblockaden-Pläne

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Putin(c) APA/EPA/ALEXANDER ZEMLIANICHENKO (ALEXANDER ZEMLIANICHENKO/POOL)
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Der ukrainische Premier enthüllte angebliche Pläne Russlands, im Winter Gashahn für Europa zuzudrehen. Polen bestätigte Einsatz russischer Truppen in Ukraine.

Kiew/Moskau. Einen Tag nach dem Spitzentreffen im weißrussischen Minsk, bei dem teils Signale für eine Entspannung in der Ukraine-Krise aufstiegen, schürte Arseni Jazenjuk den Konflikt. Der ukrainische Premier versteht sich auf psychologische Kriegsführung, und er ließ am Mittwoch durch zwei Statements aufhorchen.

Zum einen trat er demonstrativ aus der Vaterlandspartei Julia Timoschenkos aus, was umgehend die Spekulationen über die Gründung einer neuen Partei vor den Neuwahlen Ende Oktober nährte. Und zum anderen warnte er vor einer möglichen Gasblockade Moskaus. Es gebe Pläne Russlands, im Winter den Gashahn für Europa zuzudrehen. Die EU-Staaten decken 30Prozent des Gasbedarfs aus Russland, rund die Hälfte dieser Lieferungen fließt an die EU via Ukraine.

Russischer Minister: Lieferpflichten werden eingehalten

Der russische Energieminister Alexander Nowak zeigte sich verwundert über die Aussage.  Solche Behauptungen seien ohne Grundlage, sagte er am Mittwoch in Moskau. Nowak erklärte, Russland sei maximal bemüht, seine vertraglichen Lieferpflichten an europäische Importeure zu erfüllen, unabhängig von politischen Fragen.

Moskau hatte im Juni wegen des Zahlungsrückstands Kiews die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt – wie auch bereits 2006 und 2009. In Minsk hatten die Präsidenten Wladimir Putin und Petro Poroschenko die Wiederaufnahme der Gespräche über den Gasexport vereinbart.

Russischer Militärkonvoi

Nach dem Vieraugengespräch mit Putin kündigte Poroschenko einen Plan für einen Waffenstillstand an. Unterdessen mehren sich die Anzeichen für ein direktes russisches Eingreifen in der Ukraine: Kiew meldete das Eindringen eines russischen Militärkonvois im Osten des Landes. Nach Angaben der ukrainischen Armee handle es sich um eine Kolonne aus 100 Fahrzeugen, darunter Panzer, Truppentransporter und Raketenwerfer. Die Fahrzeuge seien mit einem Dreieck oder einem weißen Kreis markiert.

In der Ostukraine gingen die Gefechte derweil weiter. Nördlich des angeblichen Grenzübertritts aus Russland tötete die ukrainische Armee nach eigener Darstellung rund 200 Separatisten und vernichtete Panzer und Raketensysteme. In den Kämpfen seien in den vergangenen 24 Stunden 13 ukrainische Soldaten ums Leben gekommen und 36 verletzt worden.

Auch Polens Geheimdienst bestätigte, dass in der Ukraine reguläre russische Armeeinheiten im Einsatz seien. Dies erklärte Polens Regierungschef, Donald Tusk, im Parlament in Warschau. „Das Problem der Ukraine ist ein Problem der Sicherheit Polens“, sagte Tusk. Auch Bulgarien ist besorgt über die „unmittelbare Gefahr“ aus Russland. Laut einem Strategiepapier aus dem Verteidigungsministerium in Sofia plant Bulgarien die Anschaffung von Raketen mit einer größeren Reichweite. Polen, die Ukraine und Bulgarien wollen beim Nato-Gipfel in der kommenden Woche auf ein Handeln der Militärallianz drängen.

Russlands Außenminister, Sergej Lawrow, betonte, der zweite Hilfskonvoi werde nicht der letzte sein. Aber: „Wir haben kein Interesse an einer Konfrontation.“ (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2014)

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