St. Andrä-Wördern: Das gewachsene Haus aus Stroh

Ein pensionierter Ingenieur hat sich im Bezirk Tulln einen ungewöhnlichen Wohntraum verwirklicht. Die wesentlichen Bauteile seines neuen Hauses sind aus Stroh.

Etliche Jahre hatte Siegfried Schönbauer mit Planungen, Überlegungen und Recherchen verbracht, im vergangenen Mai war es dann so weit: Auf dem Grundstück, das er sich vor einigen Jahren in St. Andrä-Wördern bei Tulln gekauft hatte, erfolgte der Spatenstich für sein Haus. Nach einer relativ kurzen Bauphase bezog er im Dezember gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin das neue Eigenheim. An sich nichts Außergewöhnliches – tausende Österreicher erfüllen sich jedes Jahr denselben Traum vom Hausbau. Dennoch handelt es sich hier um etwas Besonderes: Schönbauer bezog das erste lasttragende Plusenergie-Strohhaus Österreichs.

Unschlagbarer Baustoff


Doch wie kommt man eigentlich auf die Idee, Stroh als Baustoff zu wählen? „Ich habe bereits seit gut zehn Jahren mit diesem Gedanken gespielt“, erzählt er. Während seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit in der Abfallwirtschaft habe er sich zunehmend mit dem Thema nachhaltiger Stoffströme beschäftigt und sei dabei auch auf die vielfältigen Einsatzbereiche des ökologischen Rohstoffs Stroh gestoßen. „Auch wenn ich mich bei meinen Planungen nicht von vornherein darauf fixiert habe, ist mir doch schnell klar geworden, dass Stroh als Baustoff unschlagbar ist.“ Nach einem speziellen Pressverfahren in Form sogenannter Strohziegel gebracht, seien sie nicht nur wärme- und schalldämmend und vergleichsweise günstig, sondern auch regional verfügbar. „Außerdem wächst Stroh nach“, fügt er hinzu.
Von der Straße aus betrachtet, deutet nichts darauf hin, dass hier 180 Kubikmeter Baustrohballen verarbeitet wurden. Um genau zu sein: Die Firma Unser Strohhaus Bau, für die sich der Bauherr nach längerer Überlegung entschieden hat, hat Weizenstroh verarbeitet, da dieses sehr trocken und damit auch nicht von Schädlingsbefall betroffen ist – was beim Bauen mit Stroh durchaus in die Überlegungen miteinbezogen werden sollte. Das Haus wirkt jedenfalls modern und architektonisch ansprechend. „Der Baustoff schränkt nicht in der Umsetzung ein“, versichert Schönbauer. Auch im Inneren bestätigt sich der erste Eindruck. Die gesamte Wohnfläche befindet sich auf einer Ebene, was neben der Gesamtgröße von rund 110 Quadratmetern ein ausdrücklicher Wunsch des Bauherren war. Vom kleinen Eingangsbereich kommt man in das große Wohnzimmer, in dem sich auch die Wohnküche befindet. Die hellen Farben von Fußboden und Wänden vermitteln – im gelungenen Zusammenspiel mit der geschmackvollen Einrichtung – ein freundliches und wohnliches Gefühl. Dazu trägt nicht zuletzt auch die Südlage des Raums bei sowie die Tatsache, dass die gesamte Außenwand verglast ist. Die großzügige Verglasung hat auch einen angenehmen Nebeneffekt: Scheint im Winter die Sonne, dann wärmt sie das Wohnzimmer. „Dadurch spart man Heizkosten“, sagt Schönbauer. Wird es zu heiß, kann man die integrierten Raffstores hinunterlassen, eine Lüftung sorgt zusätzlich für ein behagliches Raumklima. Stichwort Raumklima: Dieses umschreibt der Hausherr grundsätzlich als sehr angenehm. Der Lehmputz – Lehm erfreut sich bekanntlich seit einigen Jahren aufgrund seiner ökologischen Eigenschaften immer größerer Beliebtheit – speichert Feuchtigkeit und gibt sie später wieder ab. Dank der großzügigen Verglasungen erschließt sich einem auch ein schöner Blick auf den Garten und ein Schwimmbiotop. Letzteres nimmt beinahe die gesamte Gartenfläche ein.

Tierische Nachbarschaft


Schönbauer wundert sich immer wieder, dass diesem von Besuchern oft mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als dem Haus selbst. „Der Mensch ist halt ein Wasserrand-Lebewesen“, meint er schmunzelnd. Dank der Tiefe von 2,50 Metern – die entsprechende Grube wurde gemeinsam mit dem Fundament ausgehoben – kann man theoretisch direkt von der Terrasse ins kühle Nass springen. An dem Biotop haben jedoch nicht nur die Hausbewohner und deren Gäste eine Freude. Nach und nach haben sich in den letzten Monaten neue Bewohner angesiedelt. Dass sich die fünf bis sechs Frösche wohlfühlen, bekunden sie mitunter recht lautstark – nicht immer zur Freude der zweibeinigen Nachbarn.

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