Obama und IS: 560 Millionen Dollar Kosten und kein Plan

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USA OBAMA DEPARTURE(c) APA/EPA/SHAWN THEW (SHAWN THEW)
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Der Bombenkrieg im Irak wird von Tag zu Tag teurer, das Weiße Haus findet aber keine politische Strategie für die Niederschlagung des Islamischen Staats.

Washington. Seit der erste amerikanische Marschflugkörper am 16. Juni in einem Panzerfahrzeug der Milizen des Islamischen Staates eingeschlagen hat, haben die USA mehr als 560 Millionen Dollar (426 Millionen Euro) für den Bombenkrieg gegen die islamistischen Kämpfer ausgegeben. Dieser Krieg wird von Tag zu Tag teurer: Was mit unbewaffneten Überwachungsflügen ferngesteuerter Drohnen begann, umfasst heute bis zu 100 tägliche Starts von Kampfjets und Hilfslieferungen an bedrohte Zivilisten.

Ob diese Bombardements wirksam sind, ist schwer zu beurteilen. Auf jeden Fall sorgen sie nicht für die anfangs erhoffte schnelle Vernichtung der IS-Milizen. Anders wäre es kaum zu erklären, dass die US-Luftstreitkräfte noch immer Ziele rund um den Staudamm nahe der vom Islamischen Staat besetzten nordirakischen Stadt Mosul angreifen, obwohl kurdische und irakische Einheiten diese Gegend angeblich schon vor Tagen unter ihre Kontrolle gebracht haben. „Wir greifen dort an, weil der IS ziemlich energisch eine Rückeroberung versucht“, sagte ein Sprecher des Pentagon am Freitag.

Rein budgetär betrachtet ist dem Bombenkrieg gegen den IS keine Grenze gesetzt. Zwar gingen die dafür eingesetzten Mittel aus dem Budgettopf für Auslandseinsätze wohl irgendwann im Oktober zur Neige, sagte der Pressesprecher des Pentagons. Weder die Demokraten noch die Republikaner im Kongress dürften aber gegen eine entsprechende Fundierung der Kampfeinsätze stimmen, wenn die Budgetzuweisungen für das am 1. Oktober beginnende kommende Haushaltsjahr verhandelt werden.

Im Gegenteil: Während das Weiße Haus keine erkennbare Strategie für die Eindämmung des Islamischen Staates zu haben scheint (außer, sie wird so geheim verhandelt, dass im Gegensatz zu sonstigen politischen Vorgängen in Washington kein Sterbenswort an die Öffentlichkeit dringt), fordern prominente Stimmen im Kongress ein aggressiveres Vorgehen Amerikas.

Von John McCain, dem Vietnam-Kriegs-Veteranen und mehrfach gescheiterten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, ist man dieses Säbelrasseln seit Jahren gewöhnt. Allerdings spricht sich nun auch Dianne Feinstein, die demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, für eine Ausweitung der militärischen Aktionen gegen den IS aus. „Wenn ich etwas über diesen Präsidenten gelernt habe, dann, dass er sehr vorsichtig ist. In diesem Fall vielleicht zu vorsichtig“, sagte Feinstein am Sonntag.

Eine Chefsache, die keine Chefsache ist

Gewiss sind die Möglichkeiten für Präsident Barack Obama begrenzt, und die USA sind im Irak schwer kompromittiert. Mit seiner jahrelangen Unterstützung des erst vor Kurzem abgesetzten schiitischen Ministerpräsident Nuri al-Maliki, eines erbitterten Sunniten-Hassers, hat Obama das Aufkommen einer radikalen sunnitischen Erhebung ermöglicht. Allerdings sieht der Präsident in dieser Angelegenheit sehr ungeschickt aus. Das beginnt mit seiner Feststellung, er habe noch keinen Plan für den Umgang mit dem IS, und setzt sich in Obamas Entscheidung fort, wie schon bisher die Irak-Politik seinem Vizepräsidenten, Joe Biden, in die Hände zu legen. Das ist angesichts der schlechten Ergebnisse von Bidens bisherigem Engagement erstaunlich. Erstaunlich ist auch, dass das Weiße Haus erst andeutet, die Möglichkeit von Luftschlägen in Syrien prüfen zu lassen, Obama dann aber selbst erklärt, das sei völlig in Schwebe.

Bemerkenswert ist, dass Obama eine Trendwende in der öffentlichen Meinung Amerikas zu übersehen scheint. Noch im November 2013 meinten 51 Prozent der vom Pew Research Center Befragten, dass die USA zu viel täten, um dabei zu helfen, die Probleme der Welt zu lösen. Nur 17 Prozent wünschten sich damals mehr globales Engagement der USA. Heute hingegen finden nur mehr 39 Prozent, Amerika täte zu viel, und 31 Prozent wollen mehr Einsatz auf der Weltbühne. Zwei Drittel der Amerikaner sehen den IS nun als größte Bedrohung für Amerikas Sicherheit – gleich hinter al-Qaida. Die im Erfühlen der Meinungslage sonst so geschickten Berater Obamas messen diesem Wandel nicht genug Bedeutung bei, um dem Präsidenten einen außenpolitischen Richtungswechsel zu raten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2014)

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