Südosteuropa hält weiter an Kohle fest

Auf Knopfdruck können die Länder nicht auf Grünstrom umsteigen - deshalb kommen am Balkan fossile Energieträger zum Einsatz.
Auf Knopfdruck können die Länder nicht auf Grünstrom umsteigen - deshalb kommen am Balkan fossile Energieträger zum Einsatz.(c) Bloomberg (Luke Sharrett)
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Bei ihren Energievorhaben setzen manche Länder in Südosteuropa noch immer auf Kohlekraft. Die Energiewende ist aber auch im Westen noch weit entfernt, sagt ein Experte der TU Wien.

Zagreb. Kroatiens derzeit größtes Energievorhaben ist der Bau eines neuen Blocks des Wärmekraftwerks Plomin. In Tuzla in Bosnien-Herzegowina kündigt sich nach 20 Jahren Stillstand im Energiesektor eine Megainvestition im Wert von 835 Millionen € an, ebenfalls in Wärmekraft. Serbiens wichtigstes Kraftwerk Nikola Tesla erholt sich derzeit von der Flutkatastrophe im vergangenen Mai. Gemeinsam ist den Ländern, dass sie auf den Rohstoff Kohle setzen, trotz reicher Möglichkeiten, Wasser, Wind und Sonne zur Energiegewinnung zu nützen.

Doch auf Knopfdruck lässt sich der Umstieg auf erneuerbare Energien nicht bewerkstelligen, weder in Südosteuropa noch im Westen. Das bestätigt Günther Brauner vom Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe an der TU Wien und nennt drei Gründe für das Festhalten an Kohlekraftwerken: eigene Kohlevorkommen, alte Kraftwerke und zu teures russisches Gas. "Auch in Österreich und Deutschland stehen die Gaskraftwerke, weil das Gas zu teuer ist", so der Wissenschaftler. Gaskraftwerke haben einen um die Hälfte geringeren Kohlendioxid-Ausstoß als Kohlekraftwerke.

Bis 2050, so die Annahme, wird nachhaltige Energiegewinnung die herkömmlichen Methoden langsam abgelöst haben, zumindest in westlichen Ländern. Osteuropa müsste in diese Strategie integriert werden, sagt Brauner. Photovoltaik-und Windkraftanlagen haben derzeit einen großen Nachteil: "Diese beiden Energien sind fluktuierend. Die Sonne geht in Deutschland und Österreich überall fast gleichzeitig auf und unter. Das bedeutet, wir haben zu Mittag zu viel Energie und nachts nichts", so Brauner.

"Flexible Kraftwerke"

Neue Modelle sind gefragt, denn "noch scheitert die Energiewende an der Wirtschaftlichkeit", sagt Brauner. Die Technologie zur Energiespeicherung sei zu teuer.

Eine Übergangslösung für Osteuropa wäre laut Brauner der Bau von flexiblen Kraftwerken, die überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen aufnehmen können-und in dieser Zeit den Einsatz von Kohle und Gas reduzieren. Dazu forscht derzeit eine Arbeitsgruppe. Wenn alternative Energieproduzenten den Markt der Abnehmer für regenerative Energie auf diese Kraftwerke ausweiten würden, würde Strom für die Haushalte billiger und weniger Förderungen seien notwendig, argumentiert Brauner. Davon ist etwa in Polen und Tschechien die Rede, deren Kraftwerke Energie aus Deutschland übernehmen könnten. Kroatien ist von diesem Vorgang vorläufig nicht erfasst.

Das neueste EU-Mitglied, das derzeit mit dem japanischen Investor Marubeni über sein Vorhaben "Plomin C" im Wert von 800 Millionen € verhandelt, hat im Gegensatz zu den osteuropäischen Nachbarn auch keine eigenen Kohlevorkommen. Außerdem sehen die Pläne den Stromexport vor. Neben diesen Nachteilen sorgt auch der mögliche strategische Partner für Skepsis in der Öffentlichkeit: Marubeni musste im Vorjahr wegen Korruption eine Millionenstrafe zahlen.

Investition in BIH

Wärmekraftwerk. Das Wärmekraftwerk im bosnischen Tuzla wird ausgebaut. Die größte Investition im Energiesektor seit Ausbruch des Krieges 1992 wurde bereits vom Parlament der bosniakisch-kroatischen Föderation, dem größeren von zwei Landesteilen Bosnien-Herzegowinas, beschlossen. Das staatliche Stromunternehmen verhandelt mit dem chinesischen Konsortium Gezhouba Group Company Limited über den Bau. Es wird sich für die Errichtung des neuen Kohlekraftwerks bei chinesischen Geldgebern um mehr als 800 Millionen € verschulden. Institutionen wie der Internationale Währungsfonds oder die Osteuropabank EBRD fördern Energieprojekte, die auf Kohle basieren, nicht.

(WirtschaftsBlatt, Print-Ausgabe, 2014-09-05)

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