Luftfahrt sucht Alternativen zu Kerosin

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Fluggesellschaften experimentieren mit Biosprit aus Algen, Forscher arbeiten an Wasserstoffantrieb.

Wien/ Berlin/ Den HAAG (htz/f.h.) Die hohen Kerosinpreise und steigenden CO2-Emissionen beherrschten am Mittwoch die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Längst geht es nicht mehr um den Kostendruck allein, sondern um das Überleben so mancher Fluglinie. „Nur die ineffizienten Airlines werden verschwinden“, sagte John Kohlsaat, Deutschland-Chef der Billigfluglinie Easyjet zur „Welt“.

Bisher ging es den Flugzeugbauern und Fluglinien ums Kerosinsparen. Der Airbus A380 von EADS oder der Dreamliner von Boeing setzen durch die größere Kapazität und durch effizientere Turbinen auf einen niedrigeren Pro-Kopf-Verbrauch an Kerosin. Scandinavian Airlines (SAS) wählte einen eigenen Weg. Sie fliegt manche Strecke mit 780 km/h statt mit den üblichen 860 km/h um Treibstoff zu sparen.

Doch das alles sind keine langfristigen Lösungen, mahnen Experten bei der ILA. In Zukunft müsse man Kerosin völlig ersetzen. Eines der spektakulärsten und viel versprechendsten Projekten ist die Erzeugung von Biosprit aus Algen.

Ähnlich wie bei der Erzeugung von Biosprit aus Rapsöl, bei der das Öl durch einen chemischen Prozess zu Brennstoff umgewandelt wird, kann man auch Algen Öle und Fette entziehen und diese in Brennstoffe umwandeln. Bei Algen wäre die Produktion jedoch viel ertragreicher. Das US-Department für Energie hat berechnet, dass man knapp 40.000 Quadratkilometer Algen-Plantagen bräuchte, um den Treibstoffbedarf der USA zu decken. Das entspricht zwar der halben Fläche Österreichs, doch derzeit bebauen die Vereinigten Staaten siebenmal so große Flächen mit Mais, der zum überwiegenden Teil ebenfalls zu Biosprit-verarbeitet wird.

Bis zu 70 Prozent einer Alge kann zu Öl verarbeitet werden. Somit gewinnt man aus Algen sieben bis 30 Mal soviel Brennstoff wie aus dem nächstbesten landwirtschaftlichen Konkurrenten.

Als Nebeneffekt wird der Umwelt auch noch Klima-schädliches CO2 entzogen. Algen benötigen CO2, um zu wachsen. Sie entziehen es ihrer Umgebung, um Sauerstoff und ölhaltige Biomasse zu produzieren.

Einige Fluglinien, darunter die Air-France-Tochter Royal Dutch Airlines (KLM), haben sich bereits der Entwicklung des Algen-Sprits verschrieben. KLM unterzeichnete einen Vertrag mit Algae Link, einer holländischen Firma, die sich auf den Algen-Brennstoff spezialisiert hat. Bis 2010 sollen zwölf Fokker-50 mit Algen-Treibstoff fliegen.

Eine sehr optimistische Planung, meinen Experten. Denn derzeit befindet sich die Algen-Spritproduktion erst im Labor-Stadium. Fachleute rechnen, dass diese Technologie noch einige Jahre braucht, um Serienreife zu erlangen.

Wasserstoff als Heilmittel

Einen anderen Weg geht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Es forscht an Flugzeugantrieben mit Wasserstoff. Ein Motorsegler mit Brennstoffzelle werde in einigen Wochen zu einem Testflug starten, kündigte DLR-Chef Johann Dietrich Wörner bei der ILA an. Freilich: „Wir sind noch lange nicht so weit, dass wir den A380 demnächst mit einer Brennstoffzelle fliegen können“, sagte Wörner. Längst seien einige Brennstoffzellen im Flugbetrieb. Im A320 versorgt die Technologie eine Pumpe zur Energieerzeugung für die Steuerung und senkt somit den Kerosinverbrauch.

Während Alternativen zum Kerosin noch Jahre auf sich warten lassen, sind die ökonomischen Folgen des hohen Ölpreises für die Flugzeugbauer bereits heute spürbar. Boeing-Verkaufsschef John Leahy rechnet aufgrund mit weiteren Verschiebungen von Bestellungen und sogar mit Stornierungen. Kurz zuvor hatte die Airline Jet Blue die Anschaffung von 21 Airbus A320 um fünf Jahre nach hinten verschoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2008)

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