Gericht: Verbund darf Kraftwerke nicht stilllegen

ARCHIVBILD: GAS-KOMBIKRAFTWERK MELLACH WIRD TEMPOR�R STILLGELEGT
ARCHIVBILD: GAS-KOMBIKRAFTWERK MELLACH WIRD TEMPOR�R STILLGELEGT(c) APA/HELGE SOMMER (HELGE SOMMER)
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Graz brauche eine Reserve für die Fernwärmeversorgung. Daher wandten sie sich Anfang des Monats an das Bezirksgericht.

Wien. Hinter vorgehaltener Hand signalisiert man bei der Energie Steiermark ja durchaus Verständnis für den Verbund: Angesichts der angespannten Lage auf den Energiemärkten sei es verständlich, dass der größte Stromkonzern Österreichs sein Portfolio optimieren möchte. Graz, die zweitgrößte Stadt Österreichs, einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen, gehe aber nicht. Und das wollte der Verbund durch seine im Mai angekündigte Einmottung des Gaskraftwerkes Mellach und die Stilllegung des Ölkraftwerkes Werndorf, beide südlich von Graz.

Wie „Die Presse“ berichtete, wäre die Fernwärmeversorgung von Graz damit nur noch am Steinkohlekraftwerk Mellach gehangen. Einem Kraftwerk, das aus technischen Gründen in den vergangenen zweieinhalb Jahren 40 Tage nicht in Betrieb war. Laut den Steirern ein viel zu großes Risiko für den Ausfall der Fernwärme in Graz. Daher wandten sie sich Anfang des Monats an das Bezirksgericht Graz-West. Und dieses schenkte ihnen nun einen Etappensieg: So muss der Verbund eines der beiden Kraftwerke, die er aus wirtschaftlichen Gründen schließen wollte, über den Winter in Betrieb halten.

Die einstweilige Verfügung sei bereits eingetroffen, bestätigt Energie-Steiermark-Sprecher Urs Harnik einen entsprechenden Bericht der „Kleinen Zeitung“. „Damit wurde unserer Forderung nach Sicherheit für die Fernwärme-Kunden Rechnung getragen.“

Beim Verbund will man die einstweilige Verfügung noch nicht kommentieren, da diese „noch nicht eingetroffen“ sei. „Wenn es aber eine juristische Weisung gibt, ein Kraftwerk offen zu halten, dann wird das auch passieren“, so Verbund-Sprecherin Ingun Metelko.

Vertrag ist nicht Vertrag

Die Entscheidung des Gerichts hat für den zugrunde liegenden Konflikt aber nur eine aufschiebende Wirkung. Denn weiterhin ist ungeklärt, ob der Verbund dazu verpflichtet ist, ein „Back-up“ für die Fernwärmeversorgung vorzuhalten. Bei der Energie Steiermark sieht man dies so. Denn das sei in den ursprünglichen Verträgen, laut denen der Verbund bis zum Jahr 2020 eine Fernwärmeleistung von 230 Megawatt liefern müsse, auch so vorgesehen gewesen.

Diese Verträge wurden jedoch im Rahmen des Ausstiegs der Steirer aus der Verbund Thermal Power, in der die thermischen Kraftwerke des Konzerns gebündelt sind, im Vorjahr neu aufgesetzt. Und seither ist strittig, inwiefern es noch eine Verpflichtung für ein Back-up gibt. Beim Verbund heißt es dazu, dass nur mehr die Verpflichtung für die Lieferung von 230 Megawatt aus dem Steinkohlekraftwerk dezidiert festgeschrieben sei. Kann man nicht liefern, müsse man eben ein Pönale zahlen. Bei der Energie Steiermark sieht man die Back-up-Verpflichtung „dem Sinn nach“ weiter in den Verträgen stehen.

Seit Mai wird nun also darüber verhandelt, wer für das Back-up aufkommen muss. Denn ein unwirtschaftliches Kraftwerk betriebsbereit zu halten kostet viel Geld. Der Verbund soll den Steirern daher angeboten haben, für 20Mio. Euro pro Jahr das Gaskraftwerk Mellach in Betrieb zu halten. Ein Angebot, das man in Graz entrüstet zurückwies. Inzwischen ist ein Schiedsgericht am Zug. Dessen Urteil wird jedoch erst in einem Jahr erwartet.

Bis dahin bleibt ein Kraftwerk – aller Voraussicht nach das Gaskraftwerk Mellach – weiter in Betrieb. Die bereits in Arbeit befindliche Einmottung muss also zurückgenommen werden. Wie viel das kostet, will man beim Verbund nicht sagen. Die Kosten dürften aber auch in die Millionen gehen. Wer dafür zahlt? Noch offen. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2014)

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