Australien vor brisantem U-Boot-Kauf

Die HMAS
Die HMAS "Waller" in SydneyRoyal Australian Navy
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Die westliche Pazifikmacht will zehn neue, ultramoderne U-Boote für ihre Flotte anschaffen. Das Rennen machen dürften just Boote der "Soryu"-Klasse aus Japan. Der Plan hat eine heftige Kontroverse angeheizt.

In Australien, dem strategisch bedeutsamen „westlichen“ Machtpfeiler zwischen Pazifik und Indischem Ozean, steht in Kürze eine so umstrittene wie historische und folgenreiche Entscheidung an: 72 Jahre nach dem Angriff japanischer Klein-U-Boote auf den Hafen von Sydney will die liberalkonservative Regierung von Premierminister Tony Abbott nämlich vermutlich just in Japan zehn neue Jagd-U-Boote für die Flotte beschaffen. Im Gespräch sind Boote der „Soryu“-Klasse, zu einem Preis von gesamt etwa 20 Milliarden Austral-Dollar (rund 14 Mrd. Euro).

Damit würden ab etwa 2030 die sechs Boote der „Collins“-Klasse ersetzt, deren Lebensdauer in den 2020ern an sich endet und deren Instandhaltung bzw. Modernisierung ab dann zu teuer kommen würde.

Australier fürchten um ihre Jobs

Nun ist die Soryu-Klasse, die in Japan erst seit 2009 eingeführt wird, tatsächlich ultramodern, Teile ihrer Technik sind geheim und die bisher fünf aktiven Einheiten in der japanischen Flotte gelten als die besten dieselelektrisch betriebenen U-Boote der Welt. Doch heikel ist das Projekt aus mehreren Gründen: Zum einen schon deshalb, weil die Boote in Japan, nicht in Australien gebaut würden. Die australische Schiffsbauindustrie jedenfalls tobt und befürchtet gar einen Stellenabbau – in erster Linie die staatseigene „Australia Submarine Corporation“ (ASC) in Adelaide (South Australia), wo auch die Collins-Boote gebaut wurden.

Ein Boot der
Ein Boot der "Soryu"-Klassenews.com.au
Boot der
Boot der "Soryu"-Klassenews.com.au

Die Labour Party hat bereits angekündigt, im Falle eines Wahlsieges bei der nächsten Parlamentswahl 2016 oder 2017 den Auftrag bei den Japanern zu stornieren. „Wenn wir die verrottete Abbott-Regierung loswerden, werden wir unsere U-Boote in Australien bauen, so wie es sein sollte“, donnerte Labour-Chef Bill Shorten vorige Woche bei einer Protestveranstaltung von ASC-Beschäftigten.

Wahlversprechen gebrochen

Tatsächlich hatten die Liberalkonservativen vor ihrem Wahlsieg 2013 versprochen, zwölf neue U-Boote in Adelaide bauen zu lassen, würden also jetzt dieses Versprechen klar brechen. Allerdings, so heißt es, würde eine komplette Neuentwicklung die einheimische Industrie überfordern und der Gesamtpreis wäre doppelt so hoch wie bei der japanischen Option. Zudem hatte die Werft ASC, die auch Überwasserfahrzeuge baut, die eigene Regierung beim Bau von drei modernen Luftabwehr-Zerstörern der „Hobart“-Klasse verärgert: Das Projekt lief in den vergangenen Jahren kostenmäßig aus dem Ruder (mehr als 400 Millionen Euro) und die Schiffe sollen frühestens 2016 in Dienst gestellt werden, drei Jahre später als avisiert.

Die
Die "Hakuryu" auf Visite in Pearl Harbor, 2013US Navy

Zwar sind noch deutsche und französische Werften im Bewerb, doch die Soryus dürften, wie gesagt, das Rennen machen. Aber diese Boote, die mit einer Verdrängung von 4200 Tonnen unter Wasser bei etwa 70 Mann Besatzung Japans größte U-Boote seit 1945 sind, bietet Japan möglicherweise nur halbherzig an: Der australische Sender ABC berichtet unter Verweis auf Quellen in japanischen Regierungs- und Militärkreisen, dass die Technik der Boote – vor allem die Spezialstähle und Konstruktionen zur Geräuschdämmung unter Wasser – eben so hochgradig modern und daher geheim sei, dass sich wichtige Figuren im Militär gegen einen Verkauf im „Originaldesign“ wehrten. Möglicherweise würden die Boote für Australien in einer abgespeckten Version gebaut. Falls nicht, meint der frühere U-Boot-Kapitän Toshihide Yamauchi, würden die Australier mindestens eineinhalb Jahrzehnte brauchen, um damit richtig umgehen zu können.

Zudem heißt es, dass man zwar durchaus Teile der Fertigung nach Adelaide verlagern könnte. Das würde aber den Preis schlimmstenfalls sogar auf bis zu 40 Milliarden Austral-Dollar verdoppeln.

"China wird sehr verärgert sein"

Yamauchi ist sogar der Meinung, dass die Soryus für Australien keine optimale Option seien: „Es ist für ein Land besser, eigene Technologie zu entwickeln. Wir könnten den Australiern auch im Rahmen einer Kooperation behilflich sein.“ Sicher würde jedenfalls die Anschaffung der Soryus die Flotten beider Länder über viele Jahrzehnte miteinander verflechten: „Am Ende wird Japan 20 Soryus haben. Mit zehn australischen dazu ergäbe sich eine sehr große Militärmacht im Westpazifik und Indischen Ozean. China wird darüber äußerst verärgert sein.“

Die Soryu-Klasse wird seit Mitte der 2000er-Jahre von Kawasaki und Mitsubishi gebaut, der Name bedeutet „blauer Drache“. Im Zweiten Weltkrieg trugen zwei japanische Flugzeugträger diesen Namen; beide nahmen am Angriff auf die US-Pazifikflotte in Pearl Harbor im Dezember 1941 teil und wurden im Juni 1942 während der Schlacht um Midway im Zentralpazifik versenkt.

Die Soryu (im Hintergrund) am 7. Dezember 1941, kurz vor dem Angriff auf Pearl Harbor
Die Soryu (im Hintergrund) am 7. Dezember 1941, kurz vor dem Angriff auf Pearl HarborImperial Navy of Japan

Die Boote sind je rund 84 Meter lang bei neun Meter Durchmesser und einer angeblichen Tauchtiefe von 500 Meter. Sie verfügen über Torpedos, „Harpoon“-Anti-Schiff-Raketen und Minen, vor allem aber neben dieselelektrischen Motoren auch über einen „Stirling“-Antrieb: Dabei handelt es sich um eine Wärmekraftmaschine, die keine Emissionen erzeugt und keine Außenluft benötigt (sie benötigt aber eine externe Wärmequelle). Und so können die Boote wochenlang unter Wasser fahren, ohne aufzutauchen.

Ihre Reichweite ist zwar deutlich kürzer als jene der ebenfalls dieselelektrischen Collins-Klasse, aufgetaucht etwa 11.000 Kilometer versus 21.000 km. Allerdings plant das australische Militär den Bau einer U-Boot-Basis in Darwin im Norden des Kontinents. Derzeit sind die U-Boote der Royal Australian Navy (RAN) vor Garden Island nahe Perth (Westaustralien) stationiert und haben entsprechend lange Anfahrtswege in den Pazifik.

Die HMAS
Die HMAS "Collins" beim Roll-OutASC

Die Collins-Klasse wiederum war auch keine autonome australische Entwicklung sondern beruht auf dem „Typ 471“, einer größeren Ausgabe der „Västergötland“-Klasse des schwedischen Konzerns „Kockums“ aus den 1980ern. Die sechs Boote für Australien wurden großteils in den 1990ern teilweise in Schweden gebaut und bei ASC in Adelaide endmontiert. Sie sind von Ausmaßen und Bewaffnung her mit der Soryu-Klasse halbwegs vergleichbar, allerdings etwas kleiner (Verdrängung unter Wasser 3350 Tonnen), tauchen „nur“ etwa 300 Meter tief und haben keinen zusätzlichen Stirling-Antrieb. Sie spielen aber noch in der Oberliga der nicht-nuklearen U-Boote mit.

Sinnloser Angriff in die schönste Bucht der Welt

Der erwähnte japanische U-Boot-Angriff auf Sydney war übrigens eines der wenigen Male, dass Australien in diesem Krieg von Feindeshand direkt „berührt“ wurde. Damals drangen drei Klein-U-Boote der „Ko-hyoteki“-Klasse in der Nacht auf den 1. Juni 1942 durch die U-Boot-Sperren in das berühmte Hafenbecken ein; die Boote hatten je zwei Mann Besatzung und zwei Torpedos und waren von Mutter-U-Booten abgesetzt worden.

Zwei der Mini-U-Boote wurden entdeckt und von ihren Insassen versenkt, als sie beschossen wurden. Das dritte feuerte seine Torpedos auf den amerikanischen Kreuzer USS „Chicago“, doch sie gingen fehl und einer traf eine vom Militär requirierte Fähre, wobei 21 Seeleute starben. Das Boot verschwand darauf spurlos und wurde erst 2006 zufällig von einem Taucher vor Nord-Sydney gefunden.

Eines der japanischen Klein-U-Boote wird geborgen
Eines der japanischen Klein-U-Boote wird geborgenAustralian War Memorial, Canberra

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