Sonntagsöffnung: Wien muss eine Weltstadt werden

Vorstoß der Wirtschaftskammer war überfällig.

Wie soll man einem Wien-Besucher die Situation in der selbst ernannten Weltstadt Wien erklären? Versuchen wir es ehrlich, auch wenn es schwer zu glauben ist: Die Geschäfte müssen am Sonntag geschlossen bleiben, weil die Wiener Wirtschaftskammer (WKW) seit Jahrzehnten, Seite an Seite mit der Gewerkschaft, dagegen kämpft. Dass Geschäftsleute öffnen und Kunden einkaufen wollen, hat für die Vertreter der Wiener Wirtschaft bisher keine Rolle gespielt.

Walter Ruck, Neo-Präsident der WKW, überrascht nun mit einem Paradigmenwechsel. Wien soll eine Tourismuszone bekommen, in der Geschäfte am Sonntag öffnen dürfen, fordert er. Damit ist Ruck im politischen Betrieb die positivste Überraschung seit Langem. Nur: Seine Forderung klingt revolutionärer, als sie ist. Er fordert für Wien eine Zone, die in zahlreichen heimischen Orten seit langen Jahren eine Selbstverständlichkeit ist. Und dort problemlos funktioniert. Doch es könnte der Anfang vom Ende der Bevormundung sein – die Stadtregierung spürt den Druck. Während der Fußball-EM 2008 waren die Geschäfte am Sonntag offen, damit sich Wien nicht international blamiert. Ähnlich wird es beim Songcontest im Mai 2015 sein.

Der Vorstoß von Ruck könnte dazu führen, dass sich die Stadtregierung bewegt. Wien präsentiert sich international gern als Weltstadt. Es wird Zeit, dass sie es auch in der Realität wird. Selbst, wenn es langsam geht.

martin.stuhlpfarrer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2014)

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