„Keine Zeit zu verlieren“: Paris treibt Krieg gegen den IS voran

(c) Reuters (AHMED JADALLAH)
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29 Staaten sagen auf Konferenz Hilfe gegen den Islamischen Staat zu. Frankreich könnte in den nächsten Tagen mit Luftschlägen starten.

Paris. Frankreichs Präsident stand noch unter dem Eindruck seiner Besuch in der Kurdenhauptstadt Erbil, wo er sich am Freitag ein Bild von der dramatischen Lage gemacht hatte. Rund zwei Millionen Menschen sollen bereits vor der Terrorarmee des Islamischen Staats (IS) geflüchtet sein. „Es gibt keine Zeit zu verlieren“, sagte François Hollande am Montag auf einer Konferenz in Paris, zu der er und sein irakischer Amtskollege, Fouad Massoum, geladen hatten. Der IS sei längst keine lokale oder regionale Bedrohung mehr, sondern eine ernste Gefahr für den Weltfrieden, so Hollande. Es brauche eine „globale Strategie“, resümierte später Außenminister Laurent Fabius den Konsens der Konferenz, in deren Rahmen Vertreter von 29 Staaten ihren Beitrag für Frieden und Sicherheit im Irak abstimmen wollten.

Nicht eingeladen war Irans Staatsführung, die in Syrien das Regime unterstützt. Teheran hatte das Pariser Treffen als „Spektakel“ abgetan. Die USA und der Erzfeind Iran richteten nun einander aus, sich nicht abstimmen zu wollen.

Aus Islamischer Staat wird Daash

Vordergründig haben sich die versammelten Außenminister und die Delegierten der EU, der UNO und der Arabischen Liga auf eine wichtige Sprachregelung geeinigt: Da die IS-Miliz weder ein Staat noch in irgendeiner Weise repräsentativ für den Islam sei, wollen sie als Bezeichnung nur noch die arabische Abkürzung Daash verwenden, was übersetzt allerdings Islamischer Staat im Irak und der Levante (Isil) bedeutet.

Zum rechtlichen Rahmen der Aktionen der Koalition steht fest, dass die Intervention nicht auf Beschluss der UNO, sondern auf Ersuchen der irakischen Regierung erfolgt. Einzelheiten über Einsatzpläne der Staaten, die entweder bereit sind, gegen den IS Krieg zu führen oder den Feldzug anderweitig zu unterstützen, wurden nicht enthüllt. Die USA und Frankreich dürften aber voraussichtlich schon demnächst mit ihren Kampfflugzeugen Ziele im Irak attackieren. Am Montag starteten zwei Rafale-Jets vom französischen Luftwaffenstützpunkt Al-Dhafra in Abu Dhabi zu ersten Aufklärungsflügen im irakischen Luftraum. Die französischen Militärs in Abu Dhabi hatte Verteidigungsminister Le Drian auf baldige Bombardierungen vorbereitet und ihnen versichert, ihr Beitrag im Rahmen einer internationalen Intervention werde „von entscheidender Bedeutung“ sein.

Deutschland schließt Luftangriffe aus

Die militärischen Aktionen gegen Stellungen oder Nachschubwege werden aber unter amerikanischem Oberbefehl stehen. Außer Frankreich könnten sich Großbritannien und eventuell Australien mit eigenen Kampfflugzeugen an Luftschlägen beteiligen. US-Außenminister John Kerry spricht von 40 Staaten, die ihm Unterstützung für den Kampf gegen Daash zugesichert hätten, darunter auch die Türkei sowie Saudiarabien und andere Länder aus dem arabischen Raum. Der deutsche Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, erklärte nach der Konferenz in Paris: „Viele andere Staaten haben noch nicht entschieden, in welcher Weise sie sich durch militärische Ausrüstung oder Ausbildung oder durch Beteiligung an den Luftschlägen engagieren werden.“ Für Deutschland stehe nach der „nicht einfachen Entscheidung“, den kurdischen Kämpfern Waffen zu liefern, jedoch fest, dass es keine Beteiligung an den Luftschlägen geben werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2014)

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